Die Stadt Weinstadt richtet im kommenden Jahr vom 23. September bis 23. Oktober die Baden-Württembergischen Literaturtage aus. Erste Projekte unter dem Motto „Wort. Wein. Gesang.“ sind bereits gestartet.

Weinstadt - Lesereif, Bittertöne, Trockenstress, süßfaul – für Anna Breitenbach stecken diese Begriffe aus der Weinbaufachsprache voll Poesie. Die Dichterin aus Esslingen hat noch viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen Lyrik und der Arbeit im Wengert festgestellt, als sie in den vergangenen Wochen dem Strümpfelbacher Weingut Idler bei der Lese geholfen hat. Das hat sie bei einer Pressekonferenz zu den 33. Baden-Württembergischen Landesliteraturtagen, die kommendes Jahr in Weinstadt unter dem Motto „Wort. Wein. Gesang“ stattfinden, berichtet.

 

Die Literatin arbeitet weder zum Spaß an der Freude noch zum Broterwerb im Wengert, sondern hat vielmehr einen Projektauftrag für die Literaturtage zu erfüllen. Sie soll ihre Impressionen in Worte fassen. Dazu sind sie und ihre Dichterkollegen Walle Sayer aus Horb am Neckar, die Stuttgarterin Susanne Stephan und José F. A. Oliver, der im Schwarzwald lebt, von der Stadt in die Weinberge geschickt worden. Dort sollen sie die Weingütern Bernhard Ellwanger, Gold, Idler und Kuhnle durch ein Weinjahr begleiten.

Philosophische Gedanken bei der Traubenernte

So ist Anna Breitenbach dann auch nicht nur mit einer Rebschere ausgestattet in den Idlerschen Wengert aufgebrochen, auch Block und Stift hatte sie dabei. Wie groß die Hilfe der Dichterin bei der Lese dann tatsächlich war, wenn sie nebenher philosophischen Gedanken nachhing und ihm tausend Löcher in den Bauch fragte, darüber schweigt sich der junge Wengerter Marcel Idler zwar aus. Doch war die gemeinsame Arbeit auf jeden Fall in anderer Hinsicht äußert produktiv: Man plane eine „Weinlese“ der besonderen Art in einer Gaststätte, verriet Idler. Bei der Veranstaltung solle Wort und Wein gleichermaßen kredenzt werden, eventuell auch in Form einer „Flaschenpost“ zum mit nach Hause nehmen. Zudem werde es eine Weinsonderedition der vier Weingüter geben, deren Etiketten die Gedichte von Breitenbach, Sayer, Stephan und Oliver zieren, ergänzte Peter Reifsteck, der die Literaturtage mit seinem Reutlinger Beratungsbüro für Kulturveranstaltungen im Auftrag der Stadt organisiert.

Zeitgenössische Lyrik auf Silcher-Kompositionen

Auch an ein anderes, landläufig bekanntes und in der Weinstädter Historie verankertes Ergebnis, wenn Wort und Wein aufeinandertreffen, hat Reifsteck gedacht: den Gesang – für den einer wie kein anderer steht: Friedrich Silcher, der Vater des Chorgesangs, der zahlreiche Gedichte von bekannten Poeten, wie etwa Hoffmann von Fallersleben, Ludwig Uhland und Hermann Kurz, vertont hat. Eine Hommage an den großen Sohn des Weinstädter Teilorts Schnait ist ein zweites Literaturtageprojekt, das bereits gestartet ist: „Baden-württembergische Autoren schreiben für Chöre“. Die Lyriker Nico Bleutge, Timo Brunke, Dorothea Grünzweig und Silke Scheuermann werden auf Silcher-Kompositionen neue Liedtexte zu zeitgenössichen Themen verfassen. Darüber hinaus sollen Gedichte von ihnen vertont werden. Die Ergebnisse bringen vier Chöre unter der musikalischen Leitung von Kai Müller dann am 7. und 8. Oktober kommenden Jahres zu Gehör.

Doch nicht nur mit der Musik werden bei den Literaturtagen neue Verbindungen eingegangen, auch mit der Bildenden Kunst. Und auch hierbei ist klar, an wem in dieser Hinsicht in Weinstadt kein Weg vorbei führt: dem Strümpfelbacher Karl Ulrich Nuss. Zudem findet neben der Lyrik die Prosa ihren Platz im Programm – und zwar in einer literarisch-kulinarischen Krimikellernacht