Demnach sind neue potenzielle Stammzellspender sehr wichtig?
Ja, auch vor dem Hintergrund, dass Familien immer kleiner werden. Oftmals sind Geschwister geeignete Spender – doch je weniger Geschwister man hat, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender aus der Familie zu finden. Insofern werden Fremdspender immer wichtiger. Weltweit sind derzeit rund 25 Millionen Menschen als potenzielle Stammzellspender registriert. Die Wahrscheinlichkeit, dass man einen passenden Spender findet, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Sie kann im besseren Fall bei 1:100 000, im schlechteren aber auch nur bei eins zu mehreren Millionen liegen.
Wie können zukünftige Therapien aussehen? Welche vielversprechenden Ansätze gibt es?
In der Forschung ist gerade sehr viel in Bewegung. Immer wieder werden neue Medikamente zugelassen. Man versucht zum Beispiel, spezifische Stoffwechselwege der Tumorzellen auszuschalten – so wie bei der vorhin erwähnten Therapie der CML. Es gibt ferner Antikörper-Therapien, die die Heilungschancen insbesondere bei den bösartigen Lympherkrankungen um zehn bis zwanzig Prozent erhöhen. Zudem entwickeln Ärzte derzeit in den USA neue Immunzelltherapien, die sehr vielversprechend sind. Dabei werden körpereigene Zellen aktiviert, die die Krebszellen angreifen. Es verbessert sich vieles, aber nicht für alle Unterformen. Leukämie ist eben nicht Leukämie. Darum ist es elementar, die einzelnen Unterformen der Erkrankung gut zu verstehen, um möglichst zielgerichtete Medikamente entwickeln zu können. Das ist bei manchen Formen bereits passiert, bei anderen weniger. Insofern geht die Entwicklung eindeutig hin zu einer individualisierten Therapie. Dabei wird berücksichtigt in welchem Zustand sich der einzelne Patient befindet, um welche spezielle Unterform der Erkrankung es sich handelt und welche speziellen Veränderungen in den bösartigen Zellen vorliegen. Doch es kostet Zeit und Geld, neue Medikamente zu entwickeln. Das kann bis zu zehn Jahre dauern und Kosten im dreistelligen Millionenbereich oder mehr bedeuten.
Wozu braucht man Ihrer Meinung nach einen Weltblutkrebstag?
Der Weltblutkrebstag ist wichtig, um die Menschen dafür zu sensibilisieren, sich typisieren zu lassen. Denn häufig kommt man nicht um die Stammzelltransplantation herum. Je geringer die Spenderzahl, desto geringer ist die Chance, einen passenden Spender zu finden. Blutkrebspatienten werden durch die Diagnose aus dem Leben gerissen, sie sind schwer krank. Die meisten von ihnen sind monatelang in der Klinik und müssen eine intensive Therapie über sich ergehen lassen. Solche Krankheiten sind eine Extremsituation in der Medizin, für die in jeder Hinsicht ein großer Aufwand notwendig ist. Das funktioniert nicht mit einer Billigmedizin, und das sollte auch der Politik bewusst werden. Blutkrebspatienten umfassend gut zu behandeln, hat seinen Preis und braucht die Unterstützung aller.
 Wer sich zum Thema Stammzellspende informieren möchte, findet auf der Homepage der Deutschen KnochenmarkspenderdateiInformationen.