Das Fernsehen hat Science-Fiction-Produktionen, die Endzeitstimmung verbreiten, aus dem Programm genommen. Ärzte, Abgeordnete und Politiker riefen zu Ruhe und Besonnenheit auf. Und der Katastrophenschutzminister Wladimir Puschkow verkündete, dass Russland womöglich auch künftig Naturkatastrophen drohten, der Mayakalender aber sei keine Gefahr.

 

Doch es hilft nichts. In einem Frauenknast nahe der Grenze zu China wurden die Häftlinge von einer kollektiven Psychose erfasst. Erst ein vom Vollzugspersonal gerufener Pope konnte sie beruhigen. In einem anderen Provinzkaff brach Panik aus: In der Lokalzeitung hatte ein tibetischer Mönch die Apokalypse prophezeit, gefolgt von einer viertägigen Finsternis. Und im südsibirischen Nowokusnezk attackierten aufgebrachte Einwohner die Behörden: Diese seien ungenügend vorbereitet auf Stromausfälle und Plünderungen nach dem Weltende. Wie geplündert sehen gleich in mehreren Regionen auch die Supermärkte aus. In Barnaul hamstern die Einwohner Konserven und Kerzen, Taschenlampen und Thermosflaschen. Reißenden Absatz finden auch Notfallsets, die all das bereits enthalten, dazu Kondome, Wodka für die Herren und Sekt für die Damen.

Gott dürfte ergrimmt sein über jene, die es wagen, voll bepackt mit irdischen Kram beim Jüngsten Gericht zu erscheinen, an das auch die Russen glauben. 80 Prozent der Bevölkerung sind Christen. Doch schon im 19. Jahrhundert hielt der Nationaldichter Tjutschew der Masse vor, sie sei nicht gläubig, sondern abergläubisch. Elke Windisch