Petra und Roland Duss wären „nichts“ ohne ihr fünf Gefährten – vier Seelöwen und ein Jack-Russel-Terrier. Die Nummer kommt beim Publikum tierisch gut an – auch weil ein bekannter Fernsehstar namens Chico mitmacht.

Stuttgart - Star-Allüren sind Chico fremd. Dabei war er jahrelang vielgefeierter Hauptdarsteller einer ZDF-Familienserie und bekommt auch heute bei seinen Auftritten immer noch tosenden Beifall. Vielleicht ist er so bescheiden, weil er kein Mensch ist. Chico ist ein Seelöwe, und mit seinen 23 Jahren schon ein richtig alter Herr. Denn in Freiheit werden seine Artgenossen meist nur 20 bis 25 Jahre alt .

 

„Hallo Robbie!“ machte den schnurrbärtigen Senior in ganz Deutschland bekannt, und seine beiden menschlichen Trainer gleich mit. In der TV-Serie, die auf der Insel Rügen spielte und von 2001 bis 2008 lief, befreite der „See-Rettungshund“ wie einst der noch berühmtere Delfin Flipper Menschen aus gefährlichen Situationen und tröstete Kinder mit seinen fischigen „Küsschen“. Jetzt gehören Chico, seine drei Seelöwenkumpanen, der Jack-Russel-Terrier Maylo und das Ehepaar Dutt zu den Stars in der Manege – beim Weltweihnachtscircus, der noch bis zum 6. Januar auf dem Cannstatter Wasen gastiert.

Das Wasserbecken wird als erstes aufgebaut

Das Wasserbecken für die Tiere ist das erste, was die Dutts aufbauen, wenn sie in einem neuen Ort ankommen. Und das Frühstück für die Tiere ist die erste Tätigkeit an jedem Morgen. Steht Roland Dutt einmal nicht rechtzeitig um 7.10 Uhr parat, machen Chico, Tino (19), Joe (12) und Charly (11) durch lautes Rufen auf ihren großen Appetit aufmerksam. Gefüttert werden sie fünfmal am Tag – schon wegen der Abwechslung. „Sie sollen es gut haben“, sagt das Ehepaar Dutt aus vollem Herzen und aus voller Überzeugung. Auf Reisen durften die Seelöwen sogar schon in Hotelpools schwimmen.

In der Zirkusarena haben sie keinen Pool. Da watscheln sie auf ihren vier Flossen. Seelöwen seien flott, da dürfe man sich nicht vertun, sagt die 50 Jahre alte Tiertrainerin. „Die Nummer ist wie ein Feuerwerk - schnell und lustig“, schwärmt sie. Der Takt sei sehr hoch, bestätigt ihr sieben Jahre älterer Ehemann Roland. Man merke gar nicht, wenn sie als Trainer Kommandos geben. Die Darbietung ist an klassische Zirkusnummern angelehnt. Bälle jonglieren, Reifen herumwirbeln, mit den Flossen winken - Chico und Co. können das alles und noch viel mehr.

Seine Tiere begeistern den Gartengestalter

„Wir haben das Klassische wiederbelebt“, sagt Petra Duss. Ihre Begeisterung steckt an. Und nicht nur ihre. Auch die Robben seien mit großer Freude bei der Sache, sagt die Trainerin. „Sie sind wie Hunde.“ Was ihr Erfolgsrezept ist? „Unsere besondere Beziehung zu den Tieren ist spürbar.“ Den Seelöwen sei der Spaß anzusehen. Und auch der Jack-Russel Maylo mische nur zu gerne mit.

Dass Ehepaar Duss ist weder mit dem Zirkus noch mit Seelöwen groß geworden. Er ist gelernter Gartengestalter, sie Bürokauffrau. Bei seinem Bruder, der in Südamerika mit Seelöwen gearbeitet hat, entdeckte Roland Duss die Liebe zu Tieren. Seit 1980 arbeitet er mit den Robben. „Er hat sich für die Seelöwen entschieden und liebt sie immer noch über alles“, erzählt seine Frau lachend. Sie hatte ihn zuvor im Erse-Park Uetze bei Hannover kennengelernt, wo sie als Sekretärin arbeitete - und verguckte sich in den Tiertrainer. Im Jahr 1983 haben sie geheiratet, und seitdem arbeiten sie auch zusammen.

Die Seelöwen schwimmen mit Traumapatienten

Mit den Seelöwen treten sie nicht nur in Zirkussen auf. Ganz wichtig ist ihnen auch der direkte Kontakt der Tiere zu anderen Menschen. Vor kurzem hatten sie Besuch von Sonderschülern, und im Sommer bietet das Ehepaar Traumapatienten und Menschen mit Behinderungen therapeutisches Schwimmen mit den Seelöwen an. So helfen Chico und Co. nicht nur im Fernsehen, sondern auch im wirklichen Leben Menschen und machen ihnen viel Freude.

Was die Tiere heute aber leider nicht mehr haben, ist die Ostsee. Beim Fernsehdreh auf Rügen durften die Tiere im Meer schwimmen – frei wie der Wind. „Sie sind immer wiedergekommen“, erzählt Roland Duss. Sein großer Traum ist, den Tieren das irgendwann einmal jeden Tag bieten zu können. „Darauf sparen wir, und das nicht erst seit kurzem“, sagt er.