Es gibt hierzulande zu viele kleine Flughäfen. Die großen Airports müssten weiter wachsen, sagt der Wormser Verkehrsexperte Rudolf Conrady. Nicht jeder Deutsche müsse in 15 Minuten an einem Flughafen sein.


Herr Conrady, Probleme in Berlin und Frankfurt, keine neue Startbahn in München. Wie stark nimmt der Luftverkehr Schaden?
Das lässt sich kaum quantifizieren. Es stellt sich aber die Frage, ob Flughäfen hier überhaupt irgendwann noch einmal ausgebaut werden. Grundsätzlich ist der bisherige Schaden beachtlich. Wir kommen nicht darum herum, die Kapazitäten der großen Airports zu erweitern. Andernfalls werden die Umsteigerverkehre abwandern an Flughäfen, die noch Potenzial haben. In Europa sind das Paris, Amsterdam und Madrid. Außereuropäische Angstgegner sind Dubai und Abu-Dhabi.

Laut den Prognosen soll es 2030 global doppelt so viele Flugpassagiere wie heute geben. Ist das realistisch?
Bei den Vorhersagen schreibt man schematisch die Trends der Vergangenheit fort. Seit Jahrzehnten legt der Luftverkehr jährlich mit etwa fünf Prozent zu. Ob dies so bleibt, ist fraglich. Denn der Treibstoff wird teurer, die Steuern für die Flüge könnten steigen, die Umweltabgaben sich erhöhen. Ein gewisses Plus der Luftfahrt ist aber garantiert wegen des Wachstums der Weltwirtschaft. Die hiesigen Anbieter müssen daran teilhaben können.

Wer leidet andernfalls wirtschaftlich am meisten?
Die einheimischen Airlines leiden am stärksten, auch die Flughäfen hätten weniger Erlöse als möglich. Die Zulieferer werden in Mitleidenschaft gezogen. Zudem sind exportorientierte Unternehmen auf einen leistungsfähigen Luftverkehr angewiesen.

Gibt es nicht schon zu viele Flughäfen in Deutschland?
Die Frage, wo das Wachstum stattfinden soll, ist tatsächlich berechtigt. Die Zahl der Regionalflughäfen wie in Zweibrücken, Hahn oder Rostock ist zu hoch. Das ist dritte Liga. In der ersten spielen Frankfurt, München, bald vielleicht Berlin und zum Teil Düsseldorf. Die zweite Liga sind Stuttgart oder Hamburg. Danach kommt die dritte Liga mit vielen kleinen Airports. Da haben wir Kapazität ohne Ende, die wir aber gar nicht brauchen. Oft wird dort unprofitabel gearbeitet. Eine Flurbereinigung ist nötig.

Fehlt es hier an einer konsequenten, zentralen politischen Steuerung?
Manche Ministerpräsidenten betreiben mit dem Flughafen Regionalpolitik, die mit den Erfordernissen des globalen Luftverkehrs nichts zu tun hat.

Wie viele Flughäfen brauchen wir denn?
Die 17 internationalen und vielleicht noch eine Handvoll kleinerer. Nicht jeder Deutsche muss innerhalb von zehn Minuten an einem Flughafen sein. Es ist wirtschaftlicher und ökologischer, den Verkehr an den Zentralen zu bündeln.

Ist die Eisenbahn nicht oft ökologischer?
Das gilt für die Kurz- und Mittelstrecke. Hochgeschwindigkeitszüge sind in diesen Fällen eine gute Alternative. Die bringen Sie aber nicht nach Tokio.