Abenteuerlust, Forscherdrang und der Wunsch nach Veränderung – das waren Ihre Beweggründe für das Experiment. Ihr Fazit?
Ich habe festgestellt, dass gewisse Grundfesten unserer Kultur, wie zum Beispiel die Behausung als unverzichtbarer Bestandteil, gedanklich ins Wanken gerieten. Ein Winter im Zelt ist im Nachhinein nämlich viel unproblematischer als man denken würde. Vorausgesetzt man legt nicht allzu großen Wert auf Hygiene.
Ist Ihnen „Mief“, der Hit, den Sie 1995 zusammen mit Olli Dittrich von „Die Doofen“ hatten (Anm. der Red.: „Nimm mich jetzt auch wenn ich stinke“), während der Zelterei öfter mal durch den Kopf gegangen beziehungsweise in die Nase gestiegen?
Durchaus! Besonders in einer Woche im Februar als es mir partout nicht gelang, einigermaßen sauber zu werden. Meine gesamte Kleidung und Ausrüstung starrte nur so vor Dreck während einer langen Regenperiode auf Campingplätzen mit aufgeweichten Böden. Zu Hause musste ich dann erst mal in voller Montur unter die Dusche. Dabei trällerte ich „Mief“ und dachte mir: Gut, dass wir ein Lied darüber geschrieben haben und nicht über die Vorzüge von Körperhygiene. Da könnte ich mich schließlich weniger darauf berufen falls mich meine Mitmenschen als Geruchsbelästigung empfinden würden.
Hat Ihnen Ihr Humor über manche klamme Nacht im Zelt hinweg helfen können?
Eigentlich gar nicht. Klamme Nächte gab es eh selten und wenn, dann versuchte ich, möglichst schnell wieder einzuschlafen. Denn wenn man schläft, merkt man die Kälte nicht so. Ich konnte mir immer sagen, ich schreibe darüber ein schönes Buch und jede schwierige Situation bereichert das nur. Schließlich ist der anekdotische Wert einer misslichen Lage immer höher als der des Idylls.
Finden Sie sich eigentlich selbst komisch?
Nö, nicht sonderlich. Ich kann an mir alle möglichen Züge entdecken, aber nicht, dass ich sonderlich komisch bin. Meine Kinder nennen mich ja „Mr. Humorlos“. Eigentlich wäre aus mir eher ein guter Wissenschaftler geworden, denke ich.
Ihr Zelt-Experiment hatte ja auch einen wissenschaftlichen Anspruch.
Ja, das stimmt, ich hatte vor, das Ganze als Art ethnologische Studie zu betreiben.
Und was sind Ihre Erkenntnisse?
Zum Beispiel die, dass man im Ein-Mann-Zelt auf dem Campingplatz eine extreme Außenseiterposition einnimmt. Es herrscht Kasten-Denken: erst die riesigen Mobile-Homes, dann die kleineren Wohnmobile, dann die Wohnwagen-Besatzung – das sind oft ganz traditionelle Familien, bei denen die Frau abends Koteletts brät. Dann kommen die Zelte, oft mit jungen Leuten oder Senioren besetzt. Und ganz zum Schluss kommen die Ein-Mann-Zelte. In der Campingplatz-Society gehört man damit nicht zu den unteren 10 000, sondern zu den unteren 3. Und dann kommt ein Wohnwagenbesitzer mit mitleidigem Blick vorbei und sagt: „Oh, beim Fernsehen scheint es ja nicht mehr so richtig zu laufen!“ (lacht)