Zum zehnten Mal haben die Organisatoren zu „Winnenden liest“ in den Park des Schlosses eingeladen. 400 Literaturbegeisterte freuten sich über die Auswahl von fünf prominenten Einwohnern Winnendens.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Zum zehnten Mal hat es am Donnertagsabend geheißen „Winnenden liest“ und wieder sind die Zuhörer zu Hunderten in den Schlossgarten gekommen. Fünf prominente Winnender haben wieder aus Büchern gelesen, die ihnen am Herzen liegen: die Stadtführerin Heidi Schilling aus Alan Bennetts „Die souveräne Leserin“, der Jugendfeuerwehrwart Daniel Bahner aus Andrej Kurkows „Picknick auf dem Eis“, der evangelische Pfarrer Philipp Essich aus Stephen Kings „Der Anschlag“, die Boutique-Besitzerin Domenica Müller aus Coco Canels Autobiografie „Die Kunst Chanel zu sein“ und Isolde Halter, die Personalratsvorsitzende der Klinik Schloss Winnenden aus „Das Zwergenmützlein“, einem Märchen von Ludwig Bechstein.

 

Der Moderator geht mit seinem Wunsch leer aus

Zum Jubiläum gab es ein paar Neuerungen. Unter anderem stand erstmals ein sehr bequem wirkender roter Ohrensessel auf der Bühne. Und der Moderator Willi Halder, Grünen-Politiker und Buchhändler, kam mit einem Headset auf dem Kopf auf die Bühne. Was es mit der Hightech-Ausrüstung auf sich hat, verriet er gegen Ende des Abends. „Früher hatte ich immer ein Mikrofon, meine Notizzettel und zum Schluss noch die verschiedenen Präsente einzeln in Händen.“ Daher habe er bei einem Organisationstreffen den Wunsch nach zwei hübschen Assistentinnen geäußert. „Wie bei Kuhlenkampf. Doch statt der Assistentinnen gab es das Headset und Geschenkkörbe statt einzelner Präsente“, sagte er unter dem Gelächter des Publikums. Zu hören gab es wieder ein abwechslungsreiches Potpourri von Geschichten. „Die Wahl ist mir gar nicht leicht gefallen“, sagte Daniel Bahner. Nicht nur, weil man unter vielen Büchern wählen müsse, die einem gefallen. „Es muss ja auch noch hierher passen“, sagte der junge Feuerwehrmann. Seine Wahl gefiel dem Publikum offensichtlich. Die Geschichte um einen Autor von Nachrufen, die dieser vorab für eine Zeitung schreibt, ist sehr skurril. Denn jene, deren Nachrufe in der Schublade schlummern, segnen plötzlich sehr schnell das Zeitliche.

Die Queen als resolute Leserin

Heidi Schillings Wahl fiel auf das Buch für einen Leseabend schlechthin. „Darin geht es ums Lesen“, sagte sie. Alan Bennett hat niemanden geringeren als die Queen zur Hauptperson seiner Geschichte gemacht. In dem Buch beschreibt er auf unnachahmliche Art, wie die wirklich souveräne Leserin aus einer Kutsche den Passanten zuwinkt und gleichzeitig ein Buch liest.

Damit hätten Leser von Stephen Kings Roman „Der Anschlag“ ein Problem. „Das Buch hat mehr als tausend Seiten“, sagte Philipp Essich, der zwei Szenen daraus vorlas. Ein Mann reist darin mittels einer Art von Zeitmaschine in die Vergangenheit, um das Kennedy-Attentat zu verhindern. „Aber die Vergangenheit will sich nicht ändern lassen“, verriet der Pfarrer.

In die Vergangenheit führt auch die Biografie Coco Chanels, die 1910 ihr erstes Atelier eröffnete. Domenica Müller las jene Passage, in der es auch um ihre Erfindung des „kleinen Schwarzen“ geht, für das die Pariserinnen zuerst zu voluminös waren. Doch der Krieg, so Chanel, habe sie mager gemacht, „so mager wie Coco“. Um Armut, und Reichtum geht es in Bechsteins Märchen „Das Zwergenmützlein“. Während Fledermäuse über die Zuhörer im bereits nächtlichen Park huschten, fesselte Isolde Halter nochmals das Publikum. Und setzte mit Bechstein das passende Schlusswort: „Das Glück ist im Haus, das Glück ist im Haus und diese Geschichte ist nun aus.“