Es gibt ihn also doch noch, den Winter. An 29 von 31 Tagen sank die Temperatur im Januar in Stuttgart unter die Null-Grad-Marke. Schnee und Eis gab es obendrein.

Stuttgart - Man weiß ja, dass der Mensch erst dann so richtig glücklich ist, wenn er was zu maulen hat. Und so gibt es sicher auch einige, denen der Januar zu winterlich war und die lieber wie vor einem Jahr im Straßencafé über den Klimawandel lamentiert hätten, als seit langem mal wieder so richtig zu frieren – wie es im Januar eigentlich sein sollte. Anderen Stuttgartern trieb die Kälte aber sogar ein mediteran-mildes Laissez faire ins Geblüt, die gingen rodeln und freuten sich über bizarre Eiswelten, wenn feinstaubschwangerer Nebel an Bäumen festfror. Und selbst oberste städtische Funktionsträger wie die grünen Bürgermeister Wölfe und Pätzold zogen mit Sack und Pack als Eiseilige auf den zugefrorenen Pfaffensee – und das gegen eine Verordnung der eigenen Verwaltung. Das wäre nur noch zu toppen, wenn der Oberbürgermeister Fritz Kuhn bei der nächsten Kältewelle (voraussichtlich vom kommenden Dienstag an) auf dem Eckensee neben dem Verbotsschild eine Eisbar aufbauen ließe und seinen Ordnungsbeamten einen Glühwein ausgäbe.

 

Etwas mehr als elf Grad minus in der Stadt

Dieser Winter gäbe eine Eisbar jedenfalls her, wobei der Januar nun wirklich außergewöhnlich kalt war. Mit einer Durchschnittstemperatur von minus zwei Grad, steht der zweite Wintermonat als der kälteste Januar seit 1987 in der Statistik. Ein normaler Jänner geht mit plus 0,5 Grad aus dem Rennen, der vor einem Jahr mit plus 3,5 Grad, also gut 5,5 Grad wärmer als jetzt. Wer jetzt aber denkt, dass mit der Erderwärmung sei alles eine Erfindung griesgrämiger Ökos, begibt sich auf dünnes Eis. Die Januar-Kälte 2017 mit Tiefstwerten von etwas weniger als elf Grad minus in der Stadt, ist einem immer mal wieder auftauchendem Wetterphänomen geschuldet, das dann entsteht, wenn die Zugbahn der atlantischen Tiefs über Skandinavien in Richtung Osteuropa geht, wie der Meteorologe Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst erklärt. Die kalte Luft komme dann sozusagen durch die Hintertür aus Nordosten zu uns. So wie jetzt im Januar, wo an 29 Tagen Frost gemessen wurde, an 14 sogar Dauerfrost. Das ändert aber nichts daran, dass die Winter generell milder werden.

Charakteristisch für den Januar 2017 war auch eine relative Trockenheit. Die 18 Liter Niederschlag entsprechen nur 48 Prozent eines durchschnittlichen Januars. Ein Rekord ist das aber nicht, den gab es 1996 mit mageren 4,3 Litern. Zu einem Allzeithoch hätte es aber beim Sonnenschein reichen können. Die 93,1 Stunden 2017 sind exakt 154,1 Prozent des langjährigen Mittels. Der Rekord von 2006 mit 113,2 Stunden sieht zwar weit entfernt aus, wäre aber drin gewesen. Nur: an neun von 31 Tagen war die Sonne überhaupt nicht zu sehen. Zumindest nicht an der Wetterstation Schnarrenberg. Der Grund dafür war die extreme Inversionswetterlage, die in tiefen Lagen oft für zähen Nebel sorgte. Ohne diese Luftmassengrenze hätte die Sonne noch viel öfter in der Stadt gescheint. Trotzdem gab es sieben Tage mit mehr als 7,5 Stunden Sonnenschein, also nahezu ununterbrochen vom Sonnenauf- bis zum Sonnenuntergang.

Der Winter geht in die Verlängerung

Es gab also eigentlich kaum was zu meckern am Winterwetter, zumal in der Stadt auch noch an acht Tagen eine rodelfähige Schneedecke zu bestaunen war, am Flughafen sogar an 20 Tagen. Aber genau beim Schnee wurde dann doch wieder gebruddelt. Es sei halt schon ein wenig mickrig das Weiß, war oft zu hören. Aber das kann noch kommen, der Februar gilt schließlich auch noch als Wintermonat. Und am kommenden Dienstag könnte es neue Flocken in der Stadt geben. Der Winter will also noch ein bisschen in die Verlängerung. Und wem das nicht passt, ein kleiner Hoffnungsschimmer: Der Februar kann auch Wärme. Vor einem Jahr saßen die Leute bei fast 16 Grad im Straßencafé. Danach sieht es aber ehrlich gesagt derzeit überhaupt nicht aus.