Laut Schweizer Finanzinvestor Capvis wurde der WMF-Vorstand an umgerechnet fast zehn Prozent der WMF-Stammaktien beteiligt.

Stuttgart - Der Schweizer Finanzinvestor Capvis bestätigte am Montag auf StZ-Anfrage, den WMF-Vorstand umfänglich am Geislinger Unternehmen beteiligt zu haben. „Wir haben schon 2007 einmalig offengelegt, dass der Vorstand unter 20 Prozent an unserer WMF-Beteiligung erhalten hatte“, sagte Daniel Flaig, Partner bei Schweizer Finanzinvestor Capvis. Die Schweizer waren bis vorvergangenen Woche Mehrheitseigentümer der WMF und haben ihre Anteile (52 Prozent der WMF-Stammaktien) jetzt an den US-Finanzinvestoren KKR weitergereicht.

 

Im WMF-Jahresabschluss 2011 wurde bezüglich der Beteiligung des Vorstands ein völlig anderer Eindruck erweckt. Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Nach Ziffer 6.6 des Deutschen Governance Kodex soll der Besitz von Aktien der Gesellschaft oder sich darauf beziehender Finanzinstrumente von Vorstand- und Aufsichtsratsmitgliedern angegeben werden, wenn er direkt oder indirekt größer als ein Prozent der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien ist. Der Gesamtbesitz aller Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder übersteigt nicht ein Prozent der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien.“

Verärgert über die Einschätzung

Der zweitgrößte WMF-Aktionär, der Österreichische Unternehmer Andreas Weißenbacher (hält 37 Prozent der WMF-Stammaktien), ist verärgert über diese seiner Einschätzung nach falsche Angabe, die mit den tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen wenig zu tun habe. Im StZ-Interview verwies er am Montag auf die daraus resultierenden Interessenkonflikte und die Tatsache, dass der Vorstand zusätzlich zu seiner Vorstandsvergütung allein über diese Beteiligung innerhalb von nur sechs Jahren einen Verkaufserlös von rund 40 Millionen Euro erwirtschaftet haben dürfte.

Daniel Flaig von Capvis – nach wie vor zweiter stellvertretender WMF-Aufsichtsratschef – hält den Vorgang für juristisch wasserdicht. Die über ein Vehikel gehaltene Beteiligung gelte nicht als echte Beteiligung und sei deshalb nicht veröffentlichungspflichtig. „Wir haben das x-mal juristisch abprüfen lassen, es geht hier nicht nach Gefühlen, sondern nach der rechtlichen Beurteilung.“ Sämtliche WMF-Anteile hatte Capvis bis zum Weiterverkauf über die eigene Beteiligungsgesellschaft namens Chrystal Capital verwaltet.

Reaktion der Pressestelle

Die WMF-Pressestelle bediente sich derselben juristischen Auslegung und betonte in dem Geschäftsbericht stünde nichts Falsches: „Wie in der Hauptversammlung 2007 erläutert, gibt es eine Minderheitsbeteiligung des Vorstands an der Crystal Capital BV, die wiederum über die Crystal Capital GmbH die Anteile an der WMF AG hält. Als Minderheitsgesellschafter hat der Vorstand, wie ebenfalls in der Hauptversammlung 2007 erläutert, jedoch keinen beherrschenden Einfluss auf die Crystal Capital BV und damit Crystal Capital GmbH, das heißt er kann auch nicht das Stimmverhalten der Crystal Capital GmbH auf einer Hauptversammlung der WMF AG beeinflussen. Damit werden die WMF Aktien, die von der Crystal Capital GmbH gehalten werden, nicht dem Vorstand, sondern dem Mehrheitsgesellschafter der Crystal Capital BV, das heißt der Crystal Finance Sarl, zugerechnet. Wie ebenfalls bereits in 2007 erläutert, beträgt die Minderheitsbeteiligung des Vorstandes weniger als 20 Prozent an der Crystal Capital BV. Die Aussage im Geschäftsbericht, dass es der Gesamtbesitz von Vorständen und Aufsichtsrats-Mitgliedern, direkt oder indirekt, nicht größer als 1 Prozent ist, bezieht sich auf die Anforderungen aus dem Corporate Governance Codex (Ziff. 6.6). Auch dieser stellt auf die Zurechnung von Aktien ab, das heißt, dass die Anteile zum Beispiel über eine Mehrheitsbeteiligung oder eine Mehrheit der Stimmrechte zugerechnet werden können. Beide Punkte, Mehrheitsbeteiligung und Mehrheit der Stimmrechte, liegen im Falle der Minderheitsbeteiligung des Vorstands an der Crystal Capital BV nicht vor. Insofern werden die Anteile dem Vorstand nicht zugerechnet und sind damit entsprechend dem Corporate Governance Codex nicht angabefähig. Damit ist die Aussage im Geschäftsbericht, dass der Gesamtbesitz von Vorständen und Aufsichtsratsmitglieder -Mitgliedern, direkt oder indirekt, nicht größer als 1 Prozent ist, richtig.“

Der WMF-Vorstand selbst stand der StZ am Montag nicht für weitere Fragen zur Verfügung. So konnte auch keine Stellungnahme auf die Darstellung Weißenbachers eingeholt werden, nach der der Vorstand unter Vorsitz von Thorsten Klapproth sich vor sechs Jahren aus Eigeninteresse befürwortend für das Capvis-Angebot eingesetzt hat; und damit gegen das höhere Angebot des österreichischen Unternehmers. Weißenbacher vermutet vor dem Hintergrund der hohen Aktien-Beteiligung wirtschaftliche Eigeninteressen der Vorstandsmitglieder, die hier ausschlaggebend gewesen sind.

Bis Mitte 2006 hielten die Deutsche Bank, die Württembergische Leben und die Münchner Rück die Mehrheit an WMF. Weißenbacher sagte im Interview, der Vorstand der Münchener Rück habe ihn ermuntert, den WMF-Vorstand von seiner Offerte zu überzeugen, dieser habe zu entscheiden gehabt, wer die Anteile erhalte. Sollte diese Darstellung zutreffen, hätten die drei damaligen Eigentümer wissentlich oder unwissentlich auf einen Mehrerlös von 70 Cent pro Aktie verzichtet. Weder die Deutsche Bank, noch Wüstenrot & Württembergische und auch nicht die Münchner Rück wollten sich dazu äußern.