Höhere Häuser, dichtere Bebauung und weniger Lärmschutz – künftig sollen mehr Bürger die Chance vom bezahlbares Wohnen in der Innenstadt realisieren können. Auf ein paar Nachteile müssen die künftigen Bewohner sich aber wohl einstellen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Den Traum vom bezahlbaren Wohnen mitten in der Stadt träumen viele Bürger. Aber für viele ist der Wunsch bisher unerfüllbar geblieben, weil das Platzangebot in den Städten begrenzt ist und die Quadratmeterpreise hoch sind. Um die Nachfrage rein von der Menge her zu befriedigen, müssten laut Bundesregierung jedes Jahr bundesweit 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen gebaut werden – die meisten davon in den begehrten Innenstadtlagen. Damit der Bedarf besser als bisher gedeckt werden kann, hat die Bundesregierung bei der jüngsten Kabinettssitzung beschlossen, neue Regeln zur Mischbebauung in Städten zu schaffen, damit auf engerem Raum mehr Wohnungen und höhere Häuser errichtet werden können.

 

Allerdings müssen sich die künftigen Bewohner der neuen „urbanen Gebiete“, die zusätzlich zu den bekannten Wohn-, Misch- und Gewerbegebieten geschaffen werden, auch auf ein paar Nachteile gefasst machen: So werden die Nachbarschaften generell enger zusammen gerückt, weil in diesen urbanen Vierteln achtzig Prozent der Grundfläche überbaut werden dürfen; in den klassischen Mischgebieten sind es nur sechzig Prozent der Fläche. Außerdem ist eine höhere Zahl von Etagen erlaubt, und es darf tagsüber ebenso wie nachts etwas lauter sein als in den bisherigen Mischgebieten.

Leitbild von der Stadt der kurzen Wege

Damit können Kommunen zusätzliche Gebiete für den Bau von Wohnungen erschließen, die bisher wegen der höheren Lärmschutzauflagen von geplanten oder schon bestehenden gewerblichen Nutzern für den Wohnungsbau nicht in Frage kamen. Mit der vom Kabinett beschlossenen Novelle des Baurechts „geben wir den Kommunen neue Instrumente an die Hand“, sagte Bauministerin Barbara Henrdricks (SPD). „Mit dem urbanen Gebiet folgen wir dem Leitbild einer Stadt mit kurzen Wegen, Arbeitsplätzen vor Ort und einer guten sozalen Mischung.“ Auch die Baupolitikerin der Unionsfraktion im Bundestag, Marie Luise Dött, lobt den Öffnungsbeschluss. Sie spricht von einer „bunten Mischung von Wohnungen, Handel und Gewerbe oder auch Kultur- und Sporteinrichtungen.“

Die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Eva Lohse, reagierte positiv auf den Kabinettsbeschluss. „Es ist gut, dass die Städte mit der Novelle mehr Spielraum für ihre Stadtplanung erhalten“, betonte sie. „So können wir in Zukunft leichter die Voraussetzungen beispielsweise für dringend benötigte neue Wohnungen schaffen“. Lohse lobte, dass die neuen „urbanen Gebiete“ es ermöglichen „eine räumliche Nähe von Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Erholung zulassen, auch um Verkehr zu redizieren“. Auch im Berliner Bau- und Umweltministerium von Barbara Hendricks geht man davon aus, dass man die Wege in den künftigen urbanen Gebieten im Idealfall mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen kann.

Beschleunigte Planung wird wenigstens zeitweise erlaubt

Weil die hohe Zahl von Flüchtlingen die Wohnungsnot verschärft und vor allem Familien und Studenten mit geringem Einkommen sich schwer tun, bezahlbare Wohnungen zu finden, will die Bundesregierung außerdem die Planungsverfahren zu straffen – allerdings nicht generell, sondern bei eng begrenzten Fällen und nur bis zum 31. Dezember 2019. Dabei geht es um Pläne mit einer Grundfläche von 10 000 Quadratmetern für Wohnnutzung, die an Ortsteile mit zusammenhängender Bebauung anschließen. Voraussetzung ist, dass für das vorgesehene Bebauungsgebiet die Umweltverträglichkeit festgestellt wurde.

Hendricks setzt sich für Baukindergeld ein

Barbara Hendricks will außerdem noch einen anderen Hebel nutzen, um den Wohnungsbau zu beschleunigen. Sie will Familien, die ein Eigenheim kaufen wollen, mit bis zu 20 000 Euro Baukindergeld unter die Arme greifen. Der Zuschuss soll sich laut ihren Vorstellungen nach der Kinderzahl richten: Für dass erste Kind solle es 8000 Euro geben, für die nächsten beiden je 6000. Den Zuschuss sollen Eltern bekommen, die über höchstens 70 000 Euro Haushaltseinkommen im Jahr verfügen. Die Billigung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) steht allerdings offenbar noch aus. „Es handelt sich augenscheinlich um eigene Überlegungen aus dem Bundesbauministerium. Uns liegt kein Konzept vor, daher können wir das nicht kommentieren“, erklärte Schäubles Sprecher.