Friedrich Schirmer, ehemals Schauspielchef in Stuttgart, will Intendant der WLB Esslingen werden. Zuvor hatte er am Schauspielhaus Hamburg die Flinte ins Korn geworfen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Esslingen - Friedrich Schirmer, ehemals Schauspielchef in Stuttgart, soll neuer Intendant der Württembergischen Landesbühne Esslingen werden. Ende des Monats wird er dem Theatervorstand in dessen nächster Sitzung vorgeschlagen werden. Darauf haben sich der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger und der Staatssekretär Jürgen Walter geeinigt. Der 61-jährige Schirmer soll auf Manuel Soubeyrand folgen, dessen Intendantenvertrag zum Ende der Spielzeit 2013/2014 ausläuft und der die WLB dann zehn Jahren geleitet haben wird. Friedrich Schirmer soll einen Fünfjahresvertrag erhalten.

 

Damit würde Schirmer an das Theater zurückkehren, an dem seine Karriere begann – er war bereits von 1985 bis 1989 Intendant der WLB Esslingen. Der 1951 in Köln geborene Schirmer ging nach dem Abitur ans Theater und war zunächst als Dramaturg tätig. Von Esslingen wechselte er ans Freiburger Stadttheater und wurde dann Schauspieldirektor und schließlich Intendant am Staatstheater Stuttgart. 2005 übernahm er das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, trat 2010 aber überraschend von seinem Amt zurück – als Grund nannte er eine Unterfinanzierung des Schauspielhauses.

Es sei „ein großes Geschenk“ für ihn, dass man ihn nach all den Jahren nach Esslingen zurückholen wolle, erklärt Schirmer. „Ich bin vom Oberbürgermeister gefragt worden“. Er habe über das Angebot eine Weile nachgedacht und meditiert, „aber wenn Stadt und Land mich wollen, werde ich mich nicht entziehen.“

Die Möglichkeiten an der WLB sind eingeschränkt

Dass er nach seiner letzten Station am größten Schauspielhaus der Republik nun an eine Landesbühne wechselt, hält Schirmer nicht für ein Probleme. „Es muss nicht auf jedes Theater das nächst größere kommen“, meint er. Selbst wenn der Etat deutlich geringer ist und darum die Möglichkeiten in Esslingen eingeschränkter seien, halte er die Position für reizvoll – gerade weil die Landesbühne verpflichtet sei, auch in der Region zu gastieren. „Das ist die Urform des Theaters“, so Schirmer. „Das Wandertheater habe ich immer geliebt.“

Dass der Oberbürgermeister in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Theaters Schirmer ins Gespräch gebracht hat und die Position nicht wie beim letzten Intendantenwechsel ausgeschrieben wurde, hält der Kunststaatssekretär des Landes, Jürgen Walter, nicht für ungewöhnlich. „ Es hat sich einfach die Möglichkeit ergeben“, sagte Walter. „Wir waren von diesem ersten Kandidaten so überzeugt, dass wir dachten, da greifen wir gleich zu“. Walter hält es für eine „große Chance“, wenn Schirmer nach Esslingen käme, er genieße hier einen guten Ruf. Eine Landesbühne sei zwar meist ein Sprungbrett und ein Ort, um Erfahrungen zu sammeln, meint Walter, „aber manchmal gibt es auch Ausnahmen, man ist ja auch flexibel“.

Wie er das Theater inhaltlich ausrichten will, dazu will sich Schirmer erst äußern, wenn er tatsächlich gewählt ist. Er hält es aber für möglich, auch wieder selbst zu inszenieren, was er zuletzt in seiner Freiburger Zeit getan hatte. Er kann sich auch vorstellen, Stücke auf die Bühne zu bringen, „die junge Dramaturgen gar nicht mehr kennen“, sagt er und fasst mit drei Schlagworten zusammen, was er in Esslingen nicht machen will: „Recherchetheater, postmodern, performativ“.

Schirmer muss sich erst wieder warm machen

Während seiner zwölf Jahre am Schauspiel Stuttgart hat Schirmer einige Regisseure entdeckt – unter anderem Martin Kuzej, Stephan Kimmig und Christof Loy. Dass er seine früheren Weggefährten für die WLB gewinnen kann, hält Schirmer für nicht sehr wahrscheinlich, „aber mal gucken“, sagt er. „Wer Lust hat, etwas zu machen, herzlich gern.“ Nachdem er nun schon länger aus dem Theaterbetrieb draußen ist, wolle er sich selbst jetzt erst einmal „wie ein Sportler“ wieder warm machen und mit den Vorbereitungen beginnen – sofern er am 26. Oktober bestätigt wird. „Natürlich gehört auch Mut dazu“, meint er, „aber mein Herz hat ja gesagt“ – zu Esslingen und eben doch wieder zum Theater, das, so Schirmer, „eine wunderbare Menschenheilskunst ist“.