Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Für die Frauen, auch für Reinhild Hahn, die ebenfalls lange dabei ist, entwickelte sich der Dienstagvormittag zu einer Konstante im Leben. „Ich habe das fest im Kalender markiert“, sagt sie. In den Ferien fehle ihr der Kurs. „Das ist mir ins Blut übergegangen wie Zähneputzen.“ Der Yoga verbindet die Frauen über die Jahre, sie nehmen am Leben der anderen teil, und als einmal eine von ihnen an Krebs erkrankte und schließlich für immer wegblieb, da brannte noch lange Zeit an ihrem Platz vorne rechts im Raum eine Kerze. Schicksalsschläge bleiben nicht aus in drei Jahrzehnten. Auch Ursel Acker hat welche einstecken müssen. Doch wie die anderen Damen schweigt sie darüber. Diese Geschichten liegen zurück.

 

Vor ihnen liegt die Zukunft mit der soeben 30 Jahre alt gewordenen Eva Weinmann. Sie hat den Kurs in der Christophkirche übernommen und eine ganz andere Biografie als Ursel Acker. Was für die Ältere vor Jahrzehnten noch kaum zu realisieren war, hat die Jüngere durchgezogen – sie reiste für anderthalb Jahre durch Südostasien und Indien. Dass sie dabei auf den Yoga stieß, war eher Zufall. „Ich wollte hauptsächlich meditieren, aber vom vielen Sitzen tat mir alles weh“, erzählt sie. Das ist kaum verwunderlich: Einmal saß sie 26 Tage von morgens bis abends in einem Meditationszentrum im indischen Staat Kerala auf einem Kissen und dachte nach. „Das waren die härtesten 26 Tage meines Lebens“, sagt Eva Weinmann heute. Immerhin hat sie zwei Dinge gelernt: „Ob ich gut oder mies drauf bin, hängt nicht von äußeren Einflüssen ab.“ Und: „Man kann sogar von seinen eigenen Gedanken irgendwann gelangweilt sein – wenn sie nur lange genug im Kopf rotieren.“

In die Wiege gelegt worden ist ihr das Körperverknoten auf hohem Niveau im Gegensatz zu Ursel Acker nicht. „Als Kind war ich total unbeweglich. Mein Sportlehrer hat mich sogar zum Arzt geschickt.“ Deshalb kann sich die junge Yogalehrerin gut in die körperlichen Bedürfnisse ihrer neuen Schülerinnen hineinspüren. „Yoga für Senioren ist wahnsinnig spannend“, sagt Eva Weinmann. Yoga, wie er sich in der westlichen Welt verbreite, drehe sich ja im Wesentlichen um junge, schlanke, sportliche und erfolgreiche Menschen. Viel spannender aber sei die Yogaarbeit mit Menschen, die irgendein Handicap, welches auch immer, mitbrächten. Die Bandbreite reicht von den reifen Damen auf dem Killesberg bis zu den Insassinnen des Frauengefängnisses von San Francisco, wo Weinmann während ihres Psychologiestudiums ein Semester verbrachte. Jetzt ist sie zurück und hat in diesen Tagen im Stuttgarter Westen ihr eigenes Studio eröffnet.

Alle streben nach dem gleichen Ziel

Ursel Acker hat über ihre Körperarbeit zum Yoga gefunden, Eva Weinmann über die Meditation. Aber sie beide streben zum gleichen Ziel. Heute wisse sie, dass die Entspannung am Ende einer Stunde sehr wesentlich sei, sagt die Kursteilnehmerin Brigitte Röhm. „Ich habe bei Ursel Acker das Loslassen gelernt.“ Heute möchte Röhm diese Entspannungsphasen nicht mehr missen. Yoga, über Jahrzehnte praktiziert, wirkt sich aus, davon ist Ursel Acker überzeugt. „Ich habe den Alltag meiner Schülerinnen verändert.“ Deshalb wird der Kurs auch den Generationswechsel verkraften – der Nachwuchs kommt nach.

Für Ursel Acker, die jetzt 72 Jahre alt ist, war die Schmerzgrenze immer weit weg. „Ich hab als Kind im Sportunterricht die Beine ganz locker hinter den Kopf gebracht“, erzählt sie. Wenn sie sich einen Spaß machen wollte, verknotete die kleine Ursel ihre Beine in den Lotossitz und hüpfte auf den Knien durch die Turnhalle. Als junge Frau zog sie dann nach Botnang, wo sie bis heute wohnt, und besuchte beim MTV Stuttgart oben am Kräherwald die Gymnastikgruppe. Es sollte eine Liaison fürs Leben werden. Die Leiterin der Gruppe entdeckte Ursel Ackers ausgeprägtes Körpergefühl und förderte sie. Die junge Turnfee machte an der Sportschule Ruit den Übungsleiterschein für Tanz und Gymnastik und stieg beim MTV ein. Noch heute ist sie dort einmal in der Woche für drei Stunden im Büro. „Ich gehöre zum Inventar.“ Ihr Herz aber, erzählt Ursel Acker, schlug bereits damals für die eher langsamen Bewegungsabläufe. „Mein Mann hat dann von wer weiß woher mal ein Buch über Yoga mitgebracht.“

Damit fing es an. Acker vertiefte sich in die Übungen, ging in die vermutlich erste Yogaschule Stuttgarts am Vogelsang, belegte Aufbaukurse an der Sportschule Ruit. „Ich war immer mehr fasziniert vom Yoga.“ Anfang der 70er Jahre schließlich gründete sie den ersten Yogakurs beim MTV. Knapp zehn Jahre später startete der erste Kurs in der Christophkirche, angestoßen von einer Frau aus der Kirchengemeinde.

Körperverknoten auf hohem Niveau

Für die Frauen, auch für Reinhild Hahn, die ebenfalls lange dabei ist, entwickelte sich der Dienstagvormittag zu einer Konstante im Leben. „Ich habe das fest im Kalender markiert“, sagt sie. In den Ferien fehle ihr der Kurs. „Das ist mir ins Blut übergegangen wie Zähneputzen.“ Der Yoga verbindet die Frauen über die Jahre, sie nehmen am Leben der anderen teil, und als einmal eine von ihnen an Krebs erkrankte und schließlich für immer wegblieb, da brannte noch lange Zeit an ihrem Platz vorne rechts im Raum eine Kerze. Schicksalsschläge bleiben nicht aus in drei Jahrzehnten. Auch Ursel Acker hat welche einstecken müssen. Doch wie die anderen Damen schweigt sie darüber. Diese Geschichten liegen zurück.

Vor ihnen liegt die Zukunft mit der soeben 30 Jahre alt gewordenen Eva Weinmann. Sie hat den Kurs in der Christophkirche übernommen und eine ganz andere Biografie als Ursel Acker. Was für die Ältere vor Jahrzehnten noch kaum zu realisieren war, hat die Jüngere durchgezogen – sie reiste für anderthalb Jahre durch Südostasien und Indien. Dass sie dabei auf den Yoga stieß, war eher Zufall. „Ich wollte hauptsächlich meditieren, aber vom vielen Sitzen tat mir alles weh“, erzählt sie. Das ist kaum verwunderlich: Einmal saß sie 26 Tage von morgens bis abends in einem Meditationszentrum im indischen Staat Kerala auf einem Kissen und dachte nach. „Das waren die härtesten 26 Tage meines Lebens“, sagt Eva Weinmann heute. Immerhin hat sie zwei Dinge gelernt: „Ob ich gut oder mies drauf bin, hängt nicht von äußeren Einflüssen ab.“ Und: „Man kann sogar von seinen eigenen Gedanken irgendwann gelangweilt sein – wenn sie nur lange genug im Kopf rotieren.“

In die Wiege gelegt worden ist ihr das Körperverknoten auf hohem Niveau im Gegensatz zu Ursel Acker nicht. „Als Kind war ich total unbeweglich. Mein Sportlehrer hat mich sogar zum Arzt geschickt.“ Deshalb kann sich die junge Yogalehrerin gut in die körperlichen Bedürfnisse ihrer neuen Schülerinnen hineinspüren. „Yoga für Senioren ist wahnsinnig spannend“, sagt Eva Weinmann. Yoga, wie er sich in der westlichen Welt verbreite, drehe sich ja im Wesentlichen um junge, schlanke, sportliche und erfolgreiche Menschen. Viel spannender aber sei die Yogaarbeit mit Menschen, die irgendein Handicap, welches auch immer, mitbrächten. Die Bandbreite reicht von den reifen Damen auf dem Killesberg bis zu den Insassinnen des Frauengefängnisses von San Francisco, wo Weinmann während ihres Psychologiestudiums ein Semester verbrachte. Jetzt ist sie zurück und hat in diesen Tagen im Stuttgarter Westen ihr eigenes Studio eröffnet.

Alle streben nach dem gleichen Ziel

Ursel Acker hat über ihre Körperarbeit zum Yoga gefunden, Eva Weinmann über die Meditation. Aber sie beide streben zum gleichen Ziel. Heute wisse sie, dass die Entspannung am Ende einer Stunde sehr wesentlich sei, sagt die Kursteilnehmerin Brigitte Röhm. „Ich habe bei Ursel Acker das Loslassen gelernt.“ Heute möchte Röhm diese Entspannungsphasen nicht mehr missen. Yoga, über Jahrzehnte praktiziert, wirkt sich aus, davon ist Ursel Acker überzeugt. „Ich habe den Alltag meiner Schülerinnen verändert.“ Deshalb wird der Kurs auch den Generationswechsel verkraften – der Nachwuchs kommt nach.

Hilke Keilbach, 75 Jahre, ist seit drei Jahren dabei. „Ich habe viel Spaß hier, es hat etwas Leichtes und Tänzerisches, fordert aber auch Leistung.“ Katharina Stolz fasst ihre Motivation, auch nach 32 Jahren noch jeden Dienstag zu kommen, in einer Erkenntnis zusammen, die im Lichte deutschen Leistungsdenkens fast hedonistisch klingt, aber nur zu wahr ist: „Warum soll ich damit aufhören, wenn es mir guttut?“