Mit einer klaren Botschaft gegen Juden tanzen zwei Männer in einem Video. Beauftragt hat das einer der erfolgreichsten Youtuber weltweit und damit scharfe Kritik hervorgerufen. Wir erklären, wie das Video entstanden ist und welche Folgen die Aktion hatte.

Stuttgart - „Was? Dafür habe ich bezahlt?“ Pewdiepie ist sauer. Links unten in dem Video des Youtubers wird eingeblendet, wofür er Geld ausgegeben hat: Zwei junge Männer, die knallgrüne Lendenschürzen und Blumenkränze um den Hals tragen, streiten sich um eine Papierrolle. Schließlich reißt der eine Mann dem anderen das Papier aus der Hand, rollt es auseinander und hält es über seinem Kopf in Richtung Kamera. „Death to all jews“ – „Tod allen Juden“ ist auf dem Schild zu lesen.

 

Pewdiepie hält sich die Hand vor den Mund. Nach sekundenlangem Schweigen sagt er: „Es tut mir Leid. Ich hätte nicht gedacht, dass sie das wirklich machen. Ich fühle mich zum Teil verantwortlich.“ Er sei nicht antisemitisch, sagt der Youtuber am Ende noch. Dann endet der knapp 14-minütige Clip.

Kuchen ins Gesicht: 9,47 Euro

Das Video hat unter Youtubern und in den sozialen Netzwerken eine intensive Debatte ausgelöst. Der schwedische Youtuber Pewdiepie heißt mit bürgerlichem Namen Felix Arvid Ulf Kjellberg und ist mit etwa 52,5 Millionen Abonnenten einer der erfolgreichsten Youtuber weltweit.

In dem Clip testet er eine Internetseite namens Fiverr. In erster Linie ist die Seite ein Portal, auf der Freiberufler ihre Arbeit anbieten, etwa im Grafikdesign oder Online-Marketing. Im Bereich „Spaß und Lifestyle“ finden sich auf der Seite aber auch ganz andere Angebote. Zum Beispiel bietet eine Nutzerin namens „Jaymeah26“ an, für mindestens 4,73 Euro ein Sandschloss mit dem Namen von Kunden zu bauen und dies mit einem Video zu dokumentieren. „Reinyara“ verspricht, sich für 9,47 Euro Kuchen ins Gesicht zu klatschen. Auch die zwei jungen tanzenden Männer, die sich „Funnyguys“ nennen, findet der Youtuber Kjellberg auf der Webseite – und beauftragt sie, ein Video zu drehen, in dem sie das Schild mit der antisemtischen Botschaft hochhalten.

Medienethiker kritisiert die Aktion scharf

„Völlig inakzeptabel“, nennt Oliver Zöllner diese Aktion. Der Professor für Medienforschung leitet das Institut für digitale Ethik an der Hochschule der Medien in Stuttgart. „Antisemitismus ist ein großes globales Problem. Damit kann man nicht ironisch umgehen“, sagt Zöllner. „Wer mit solch einem Schild auf der Königstraße herumlaufen würde, würde festgenommen werden“, sagt Zöllner – „und zwar zu Recht.“

Darüber hinaus habe der Youtuber auch die Folgen seines Handelns gegenüber den zwei Tänzern in keiner Weise bedacht. Der Fiverr-Zugang der Männer wurde Medienberichten zufolge gesperrt. In einem anderen Video, das die Männer wiederum bei Youtube hochgeladen haben, entschuldigen sie sich bei allen Juden. Sie hätten nicht gewusst, was das Wort „jews“ – auf Deutsch „Juden“ – bedeute, als sie das Video gemacht haben. Die Männer sprechen Englisch mit starkem Akzent.

Das Tänzer-Duo verliert Fiverr-Account

Der Seite „Daily Dot“ zufolge stammen die Männer aus Indien. In den letzten eineinhalb Jahren hätten sie hart gearbeitet, um auf Fiverr ein gutes Ranking zu erreichen, sagt einer der beiden Männer in dem Video. Nun sei ihr Account gesperrt worden. „Bitte vergebt uns“, sagt der Mann und bitten die Firma Fiverr und den Youtuber Kjellberg um Hilfe, damit das Duo in Zukunft wieder auf der Plattform Geld verdienen kann.

Kjellberg bat die Firma in einem Tweet, die Männer wieder auf der Plattform zuzulassen.

In einem weiteren Video auf Youtube verteidigt er seine ursprüngliche Aktion jedoch. Die Medienseiten, die kritisch berichtet hätten, wollten damit nur möglichst viele Klicks erzielen. Etablierte Medienhäuser seien aber der Wahrheit verpflichtet, Youtube dagegen sei nur Unterhaltung.

Forderung: Youtuber Pewdiepie sollte gesperrt werden

Oliver Zöllner, Professor für Medienforschung und digitale Ethik, widerspricht: Youtube sei mittlerweile in der Medienlandschaft genauso etabliert wie große TV-Sender oder Zeitungen – und habe damit auch eine redaktionelle Verantwortung. Zöllner fordert deshalb: „Youtube müsste Pewdiepie sperren.“

Doch damit würde die Firma, die zu Google gehört, selbst auf massenhaft Klicks und somit auf Werbeeinnahmen verzichten: 7,5 Millionen Mal wurde Pewdiepies Video mit dem antisemistischen Schild bislang angesehen. Viele andere seiner Videos erzielen ähnlich hohe Klickzahlen.