Kommen YouTuber zusammen, gibt es spitze Jubelschreie, Autogrammwünsche, Verzückung. Die Videodays in Köln zeigen aber auch: Die Szene bemüht sich, umzusteuern.

Köln - Die Videodays sind eine Zweiklassengesellschaft, sie sind aufgeteilt in Wissende und Nicht-Wissende. „Juliiiiiiien!“ schreien sich die Mädchen in der ersten Reihe die Seele aus dem Leib. So, als wäre Julien Bam - dem die Schreie gelten und der gerade einen roten Teppich entlang schreitet - ein alter Bekannter. Ein paar Schritte weiter hinten schauen sich Wachleute, Eltern und auch einige Journalisten fragend an. Julien wer?

 

Die Videodays sind ein Ort, an dem die Älteren noch viel lernen können und die Jüngeren schon alles wissen. Das YouTuber-Treffen ist mittlerweile eine feste Institution geworden. In Köln locken die Stars der Webvideo-Plattform, die in ihren Clips Modetipps geben, singen oder Gags machen, Jahr für Jahr Tausende an - auch in diesem Jahr. Sie geben Autogramme, werden auf Selfies gezerrt und bringen von der Bühne aus das Publikum in Wallung.

Veranstalter wollen das Treffen aus der Teenie-Ecke herausholen

Sandra Fuchs kennt das schon. Ihr Ding waren früher eher Bon Jovi und Bryan Adams. Das Herz ihrer 13 Jahre alten Tochter Carrie schlägt für YouTuber. „YouTube, YouTube, YouTube“, beschreibt Mutter Fuchs die Gespräche am heimischen Küchentisch in Würzburg. Die Videodays sind dementsprechend ein Hochamt. Vor allem gerade. „Er hat mich berührt!“ brüllt Carrie. „Julien hat mich berührt!“

Szenen wie diese lassen die Bemühungen der Veranstalter etwas vergessen, das Treffen aus der Teenie-Selfie-Ecke rauszuholen. Ganz bewusst wurde in diesem Jahr die Bühnenshow in der Lanxess Arena auf den prominenten ersten Tag gelegt. Autogramm- und Selfie-Stunden gibt es erst am zweiten. „Jahrelang ging es in den Medien vor allem darum, dass hier alle Selfies und Autogramme wollen. Dabei würde bei einem normalen Popstar auch niemand über so etwas berichten“, argumentiert Veranstalter Christoph Krachten. Denn da sei das ja normal.

Krachten ist ein Mann, der in langen Linien denkt. „Das Publikum ist aktuell noch sehr jung. Aber auch die Beatles hatten zu Beginn vor allem minderjährige Fans und sind dann mitgewachsen“, sagt er.

Eine Bühnenshow können die Organisatoren leicht bestücken, denn viele YouTuber machen mittlerweile selbst Musik, immer häufiger landen sie damit auch in den Charts. Einige Medien-Exegeten halten das für ein neues Phänomen. Krachten nicht. „Rudi Carrell hat zum Beispiel auch ein paar Lieder gemacht.“

Mit zwölf die ersten Videos gedreht

Die Brüder Heiko und Roman Lochmann sind für diese Entwicklung geradezu beispielhaft. Mit zwölf Jahren fingen sie an, Videos auf YouTube zu stellen. Ihre Eltern bekamen davon erst Wind, als sie merkten, dass die Zwillinge immer wieder mit der Digital-Kamera von dannen zogen. Heute sind sie 17 Jahre alt, haben mehr als zwei Millionen YouTube-Abonnenten und seit Freitag ihr erstes Album auf dem Markt. Bei den Videodays gehören „DieLochis“ zu den Superstars. Sie sind vor der Digitalkamera erwachsen geworden.

„Natürlich sind wir noch Youtuber. Aber wir waren eben auch schon immer Musiker“, sagt Roman Lochmann. Ihre Videos pendelten früher zwischen Musik, Parodien und kindlichem Quatsch. Das Album ist anders. „Die Comedy haben wir komplett rausgelassen. Damit haben wir uns bei dem Album einfach wohler gefühlt“, sagt Heiko.

Nächstes Jahr werden die Brüder volljährig. Eigentlich mal ein Grund, auf den Putz zu hauen. Die beiden zögern, sie sind Profis. „Wenn wir an dem Tag ein Konzert haben, dann haben wir ein Konzert. Ist dann eben ein Geburtstagskonzert.“ Haben die Beatles so etwas je gesagt?