Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Mittlerweile ringt Stäbler in der Bundesliga für den ASV Nendingen. Die Musberger waren sich mit ihrem hausgemachten Team dort fehl am Platze vorgekommen und wollten absteigen. In Nendingen bei Tuttlingen verdient Stäbler jetzt ordentlich, trotzdem arbeitet er weiter für die IT-Firma Nova Tec in Leinfelden, die ihm auch die nötigen Freiräume gibt. Stäbler war es wichtig, in der besten Liga der Welt zu ringen, aber genauso viel Wert hat er darauf gelegt, dass er bei internationalen Wettbewerben weiter für den TSV Musberg starten darf. Stäbler und Musberg – das gehört zusammen.

 

So wie die Zacke und Degerloch, wo jetzt der Wendepunkt erreicht ist. In fünf Minuten geht es zurück zum Marienplatz. Der passende Zeitpunkt, um über Olympia zu sprechen. Schließlich war die Zeit in London so ein Zwischending – als Fünfter die angestrebte Medaille verpasst, andererseits den Traum von Olympia gelebt: „Ich dachte, ich wäre auf das ganze Drumherum vorbereitet, zum Beispiel auf das plötzlich einsetzende Medieninteresse. Aber wahrscheinlich musste ich alles einmal erleben, um richtig damit umgehen zu können.“ Rio de Janeiro 2016 darf also kommen.

Vielleicht ist Frank Stäbler kurz vor den Spielen auch nicht mehr der Musberger Ring-King zum Anfassen. „Vor den Spielen in London wollte jeder im Ort verständlicherweise etwas von mir wissen: wie ich mich fühle und solche Sachen eben.“ Das sei eine schwierige Situation gewesen. „Einerseits willst du in diesem Moment deine Ruhe haben, andererseits will ich auch nicht, dass die Leute denken: jetzt hält er sich für etwas Besseres und redet nicht mehr mit jedem“, sagt er. 2016 will er deshalb einige Wochen vor den Spielen in einem Trainingslager abschalten und sich fokussieren.

Zum Ringen gehören Blumenkohlohren

Die Zahnradbahn setzt sich talwärts in Bewegung, und der bis jetzt sehr lebendig erzählende Frank Stäbler wird ruhiger und sagt: „Der Tiefpunkt, ja, das war der Unfall.“ Es ist der 7. Juni 2010. Frank Stäbler befindet sich auf der Rückfahrt vom Grand Prix in Dortmund – er sitzt im Auto, am Steuer ein Freund. „Ich saß mit meiner Freundin auf der Rückbank und bin eingeschlafen und wache durch das Geräusch der Rillen am Fahrbahnrand auf. Ich sehe noch neben mir meine schlafende Freundin und meinen Kumpel, der auf dem Lenkrad liegt. Er war auch eingeschlafen. Ich weiß aber nicht mehr, was ich dann gedacht habe – ob ich Angst hatte? Ich weiß aber, dass wir ganz großes Glück hatten.“ Später erfährt Frank Stäbler, dass sie es nicht überlebt hätten, wenn sie unmittelbar zuvor oder danach von der Fahrbahn abgekommen wären. Sonst wäre das Auto von einer Autobahnbrücke gestürzt beziehungsweise gegen Bäume geprallt. So aber schanzte es über die Leitplanke, überschlug sich mehrmals und kam auf einer Wiese zum Stehen. Zunächst wurden bei den Insassen lediglich Gehirnerschütterungen diagnostiziert – bis sich herausstellte, dass Frank Stäblers Hüftknochen angebrochen war, was für ihn vor drei Jahren das WM-Aus bedeutete. „Ich bin vorsichtiger geworden“, sagt Frank Stäbler zu den weiteren Folgen des Unfalls. Mit seinem Ford Mustang lässt er es seitdem deutlich langsamer angehen. „Und dann höre ich noch manchmal dieses Geräusch vom Überfahren der Rillen am Fahrbahnrand.“

Mit der verpassten Chance scheint der fröhlich-sympathische Frank Stäbler aber gut leben zu können – und zwar in Musberg, wenige Kilometer von Stuttgart entfernt. Hier ist er der Star. Hier hat er früh mit seinem Sport angefangen, weil im Mutter-Kind-Turnen kein Platz mehr frei war, dafür ein Stockwerk höher bei den kleinen Ringern. Musberg – das ist ein einziger Höhepunkt für ihn. Musberg, das sind seine Kumpels, das ist der TSV – alle zusammen sind sie 2010 in die Bundesliga aufgestiegen. „Da standen plötzlich wir Musberger Jungs Weltklasseleuten aus der Türkei, Georgien und Aserbaidschan gegenüber. Ein Wahnsinnserlebnis“, sagt Stäbler über die Bundesliga, die er aber auch kritisch sieht, auch weil er zu den ganz wenigen Deutschen gehört, die dort auftauchen.

Im Trainingslager abschalten und sich fokussieren

Mittlerweile ringt Stäbler in der Bundesliga für den ASV Nendingen. Die Musberger waren sich mit ihrem hausgemachten Team dort fehl am Platze vorgekommen und wollten absteigen. In Nendingen bei Tuttlingen verdient Stäbler jetzt ordentlich, trotzdem arbeitet er weiter für die IT-Firma Nova Tec in Leinfelden, die ihm auch die nötigen Freiräume gibt. Stäbler war es wichtig, in der besten Liga der Welt zu ringen, aber genauso viel Wert hat er darauf gelegt, dass er bei internationalen Wettbewerben weiter für den TSV Musberg starten darf. Stäbler und Musberg – das gehört zusammen.

So wie die Zacke und Degerloch, wo jetzt der Wendepunkt erreicht ist. In fünf Minuten geht es zurück zum Marienplatz. Der passende Zeitpunkt, um über Olympia zu sprechen. Schließlich war die Zeit in London so ein Zwischending – als Fünfter die angestrebte Medaille verpasst, andererseits den Traum von Olympia gelebt: „Ich dachte, ich wäre auf das ganze Drumherum vorbereitet, zum Beispiel auf das plötzlich einsetzende Medieninteresse. Aber wahrscheinlich musste ich alles einmal erleben, um richtig damit umgehen zu können.“ Rio de Janeiro 2016 darf also kommen.

Vielleicht ist Frank Stäbler kurz vor den Spielen auch nicht mehr der Musberger Ring-King zum Anfassen. „Vor den Spielen in London wollte jeder im Ort verständlicherweise etwas von mir wissen: wie ich mich fühle und solche Sachen eben.“ Das sei eine schwierige Situation gewesen. „Einerseits willst du in diesem Moment deine Ruhe haben, andererseits will ich auch nicht, dass die Leute denken: jetzt hält er sich für etwas Besseres und redet nicht mehr mit jedem“, sagt er. 2016 will er deshalb einige Wochen vor den Spielen in einem Trainingslager abschalten und sich fokussieren.

Zum Ringen gehören Blumenkohlohren

Die Zahnradbahn setzt sich talwärts in Bewegung, und der bis jetzt sehr lebendig erzählende Frank Stäbler wird ruhiger und sagt: „Der Tiefpunkt, ja, das war der Unfall.“ Es ist der 7. Juni 2010. Frank Stäbler befindet sich auf der Rückfahrt vom Grand Prix in Dortmund – er sitzt im Auto, am Steuer ein Freund. „Ich saß mit meiner Freundin auf der Rückbank und bin eingeschlafen und wache durch das Geräusch der Rillen am Fahrbahnrand auf. Ich sehe noch neben mir meine schlafende Freundin und meinen Kumpel, der auf dem Lenkrad liegt. Er war auch eingeschlafen. Ich weiß aber nicht mehr, was ich dann gedacht habe – ob ich Angst hatte? Ich weiß aber, dass wir ganz großes Glück hatten.“ Später erfährt Frank Stäbler, dass sie es nicht überlebt hätten, wenn sie unmittelbar zuvor oder danach von der Fahrbahn abgekommen wären. Sonst wäre das Auto von einer Autobahnbrücke gestürzt beziehungsweise gegen Bäume geprallt. So aber schanzte es über die Leitplanke, überschlug sich mehrmals und kam auf einer Wiese zum Stehen. Zunächst wurden bei den Insassen lediglich Gehirnerschütterungen diagnostiziert – bis sich herausstellte, dass Frank Stäblers Hüftknochen angebrochen war, was für ihn vor drei Jahren das WM-Aus bedeutete. „Ich bin vorsichtiger geworden“, sagt Frank Stäbler zu den weiteren Folgen des Unfalls. Mit seinem Ford Mustang lässt er es seitdem deutlich langsamer angehen. „Und dann höre ich noch manchmal dieses Geräusch vom Überfahren der Rillen am Fahrbahnrand.“

Endstation Marienplatz, aussteigen und rüber ins Café Kaiserbau. Frank Stäbler bestellt einen Bagel mit Frischkäse und erzählt von einem weiteren Tiefpunkt, der sich in letzter Zeit aber ins Gegenteil verkehrt hat: „Ich konnte es nicht glauben, als ich gehört habe, dass Ringen aus dem olympischen Programm gestrichen werden soll.“ Danach sieht es mittlerweile nicht mehr aus. „Es hat mich beeindruckt und macht mich richtig stolz, wie die Reaktionen auf das drohende Aus ausgefallen sind“, sagt Frank Stäbler: „Da verbünden sich plötzlich der Iran, Russland, China und die USA, um gemeinsam zu protestieren. Das gehört jetzt auch zur großen Geschichte des Ringens.“

Frank Stäbler sagt aber auch, was noch zum Ringen gehört; Blumenkohlohren, die durch Schläge und nicht verheilte Blutergüsse entstehen: „Ich habe immer gedacht, ich bleibe verschont. Ich habe mich leider getäuscht.“ Auch was die Zeit angeht. „Schon so spät, ich muss zur Arbeit, vorher hol ich mir aber noch den Döner.“