Das Zweite versteckt eine sehenswerte Dokumentation über eine geheime Partisanenarmee des BND auf ZDF Info. Durch den Film „Schattenkrieger“ beleuchtet Filmemacher Ulli Stein ein dunkles Kapitel.

Stuttgart - Es kann Zufall sein oder auch der typische schwarze Humor der Briten: Nicht weit von der „Russenbrücke“, einem längst vergessenen Ort mitten im Berliner Grunewald, hatte eine geheime Sondereinheit des britischen Geheimdienstes in den 1950er Jahren Waffen, Funkgeräte und Geld für den Tag X vergraben. Die Erddepots waren für deutsche Einzelkämpfer gedacht, die von den Briten angeworben und ausgebildet worden waren. Hätten die Armeen des Warschauer Vertrages Berlin und den Westen Deutschlands überrollt und besetzt, sollten diese Kämpfer die Depots leer räumen und einen Partisanenkrieg hinter den Linien führen.

 

Erst im Sommer 1996, fast sieben Jahre nach dem Mauerfall, wurden die beiden Partisanendepots nahe der alten „Russenbrücke“ von der Berliner Polizei geborgen. Ein paar Monate zuvor hatte das Kanzleramt von einem Partnerdienst Unterlagen über die im kalten Krieg angelegten Verstecke im Grunewald erhalten.

Die Erddepots aus dem Grunewald sind – zumindest in Deutschland – die letzten Zeugnisse einer geheimnisvollen Schattenarmee gewesen, die die Nato während des kalten Krieges in allen westlichen Staaten unterhielt. Der ZDF-Journalist Ulli Stoll recherchiert seit vielen Jahren über das Thema und hat jetzt eine bemerkenswerte Dokumentation darüber fertiggestellt. Sein 45-minütiger Film „Stay behind – Die Schattenkrieger der Nato“ läuft versteckt auf dem Spartenkanal ZDF Info. Es ist ein ebenso informativer wie spannend erzählter Film über ein Kapitel deutscher Geheimdienstgeschichte, über das die Bundesregierung und ihr BND noch heute gern den Mantel des Schweigens ausbreiten.

Der BND bestätigt die Existenz der Truppe

Dem Filmemacher Stoll ist es gelungen, diesen Mantel ein wenig zu lüpfen. So hat der BND erstmals Dokumente und sogar ein paar Filmschnipsel über die paramilitärische Ausbildung seiner Stay-behind-Truppe freigegeben. Auch bekennt sich der Dienst erstmals vor einer Kamera zu Existenz und Aufgaben der Partisanentruppe. Allerdings fühlt sich der von Stoll befragte BND-Chefhistoriker Bodo Hechelhammer dabei erkennbar unwohl, weil ihm vermutlich die Aussagegenehmigung seines Chefs enge Grenzen setzt. So druckst er etwa herum, als es um ehemalige Wehrmachtssoldaten und SS-Angehörige geht, die in den Anfangsjahren in der SBO aktiv und unter Waffen waren. Und auch bei der Frage nach Militärübungen mit Stay-behind-Einheiten aus Frankreich, den USA, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien wird Hechelhammer schmallippig. Immerhin bestätigt er, dass sich die deutschen Schattenkrieger „an insgesamt sechs Übungen oder Operationen beteiligt“ hätten. Details über die inzwischen 30 bis 50 Jahre alten Manöver dürfe er aber „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht preisgeben.

Sind solche „grundsätzlichen Erwägungen“ auch der Grund dafür, dass der BND bis heute eine gemeinsame Übung mit der italienischen Gladio-Einheit im Juni 1980 in Luxemburg verschweigt? Der ZDF-Film präsentiert ein Dokument des Luxemburger Geheimdienstes, aus dem die Übung der beiden SBO-Einheiten hervorgeht. Der Vorgang ist brisant: Denn zwei Monate später werden bei einem Bombenanschlag der rechtsterroristischen Organisation „Ordine Nuovo“ im Bahnhof von Bologna 86 Menschen getötet. Jahre später fördern Ermittlungen der italienischen Justiz zutage, dass eine Geheimorganisation innerhalb des Staatsapparates mit Verbindungen zu Gladio hinter diesem Anschlag stand.

150 Kilogramm Sprengstoff

Auch die Stay-behind-Truppe des BND wird in dem ZDF-Film von Geheimdienstexperten mit deutschen Rechtsterroristen in Verbindung gebracht – und mit dem Attentat auf das Münchner Oktoberfest 1980, das 13 Menschenleben forderte. Offiziell ist der Anschlag bis heute die Tat eines rechtsextremen Einzelgängers. Allerdings hatten die Ermittler zeitweise auch eine Spur verfolgt, die zu dem Neonazi Heinz Lembke, einem Förster aus Uelzen, und damit auch in den Dunstkreis von Stay behind führte.

Lembke hatte in einem Waldgebiet in der Lüneburger Heide insgesamt 33 Erddepots angelegt, die Waffen, Hunderte Handgranaten und Sprengköpfe, mehr als 150 Kilogramm Sprengstoff und Munition enthielten. Der damals wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft sitzende Neonazi hatte die Polizei im Oktober 1981 selbst zu den Depots geführt. Einen Tag vor seiner Aussage, für die er Enthüllungen über seine Hintermänner angekündigt hatte, wurde er erhängt in seiner Gefängniszelle gefunden.