Die "heute-show" präsentiert Sternstunden der politischen Satire – künftig immer freitags. Messerscharfer Verstand und der Mut zum Wahnsinn.

Mainz - Es ist ein Wort, wie geschaffen, um seine Benutzer einzuschläfern. Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Dreißig Buchstaben, null Inhalt. Dabei steckt in diesem Wort Musik. Man muss das Gesetz bloß zerlegen. Dann kommt man im Kapitel "Mehrwertsteuer" mit seinen unterschiedlichen Sätzen für Maul- und Hausesel, für Hotelübernachtung und Hotelfrühstück oder für den Konsum von Soft- und Hardcorepornos zu folgender Rechenaufgabe: Wie viel Mehrwertsteuer zahlt ein Hotelgast, der im Bett frühstückt und dabei einen Softporno guckt, in dem es ein Haus- mit einem Maulesel treibt?

Berichterstattung mal anders


Oliver Welke, der Moderator der "heute-show", hat diese Frage neulich seiner Kollegin Tina Hausten (Martina Hill) gestellt. Die Frau ist wirklich nicht auf den Mund gefallen. Doch in dem Moment verschlug es ihr vor Schreck die Sprache. Ihre Stimme knarrte wie ein Sargdeckel, als sie ihrem Gegenüber attestierte: "Sie sind ein sehr kranker Mann, Oliver."

Es war eine Sternstunde der politischen Satire. Ein Moment, wie man ihn bei Harald Schmidt schon lange nicht mehr erlebt hat. Plötzlich traf aufeinander, was viele nicht für möglich gehalten hatten: messerscharfe Satire und der Mut zum Wahnsinn. Verkleidet in eine Show, über die vielleicht sogar "der Anginator" (Merkel) und "Little Miss Sunshine" (Westerwelle) schmunzeln können, weil sich ihre Macher nicht nur über die Politik, sondern auch über die Berichterstattung darüber mokieren.

Redakteur Stephan Denzer, 42, hat diese deutsche Antwort auf die "Daily Show" mit Jon Stewart im Superwahljahr 2009 lanciert. Schon kurz nach dem Start gewann das ZDF dafür den "Deutschen Comedy Preis". Jetzt steht der nächste Kraftakt an: Von dieser Woche an zeigt das ZDF die Sendung wöchentlich, am späten Freitagabend, direkt nach dem "heute-journal". Die Latte liegt hoch. Mit 1,8 Millionen Zuschauern am Dienstagabend hat die Sendung bisher einen soliden Marktanteil von 13,2 Prozent erreicht. Sie profitierte dabei von jenen Zuschauern, die vor dem Fernseher sitzen blieben, nachdem die Kabarettisten Urban Priol und Georg Schramm "Neues aus der Anstalt" enthüllt hatten.

Durchgeknallte Moderatoren und politischer Rundumschlag


Die Show ist Stephan Denzers Gesellenstück, wenn man so will, die erste politische Kabarettsendung im ZDF, seitdem der Sender "Dieter Hildebrandts Notizen aus der Provinz" eingestellt hatte. Der hatte den ersten Schritt gewagt weg vom Feindbild, wie es linke Weltverbesserer immer noch gerne beschwören, hin zu einer Show, die souverän zwischen einem politischen Rundumschlag und Comedy changiert. Die "heute-show" dreht dieses Rad noch ein Stück weiter. Ein als seriöser Nachrichtenmoderator verkleideter Comedian lotst den Zuschauer durch die komischen Abgründe der Politik. Ihm zur Seite steht eine Truppe durchgeknallter Kollegen, von der drogensüchtigen Reporterkarikatur Ulrich von Heesen (Dietrich Hollinderbäumer) bis zum knochentrockenen Berufsprovokateur Martin Sonneborn.

Den monologisierenden Patriarchen Harald Schmidt lässt die ZDF-Truppe ziemlich alt aussehen. Mit dem rasanten Tempo der Konkurrenz im Zweiten kann der Old Man der Late Night jedenfalls nicht mithalten. Und die Figuren entwickeln sich ständig weiter. Martina Hill etwa, als Karikatur einer Fakten- und Zahlenhuberin engagiert, hat diese Rolle abgestreift. In den besten Momenten erinnert sie nun an die wahnwitzigen Parodien, mit denen sie einst bei "Switch Reloaded" (Pro Sieben) berühmt geworden ist.

Auf der Suche nach dem Humor


Jetzt bekommt sie Verstärkung. Neu im auf vierzig Mitarbeiter aufgestockten Team ist zum Beispiel Bettina Lamprecht, die viele schon aus "Ladykracher" kennen. Man darf gespannt sein, wie sich die Darsteller mit echten Politikern und Journalisten schlagen werden. Die will das ZDF künftig in die "heute-show" einladen. "Ein Bashing um des Bashings willen wird es auch in der wöchentlichen Show nicht geben", sagt Denzer. Stattdessen werde man noch stärker als bisher versuchen, den Humor in Bildern zu finden, die nicht vordergründig witzig sind.

Wie das aussehen könnte, hat das Team demonstriert, als Hessens Ministerpräsident Roland Koch den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender abgesägt hat. Wortreich trauerte Moderator Welke der verpassten Chance nach, Brender selber zu beerben. Eine Fotomontage zeigte, was hätte werden können, wenn...: Der Moderator und der CDU-Politiker planschen einträchtig im Whirlpool. Die Botschaft war unmissverständlich: Du, die Wanne ist voll.

"heute-show", ZDF, Freitag, 22.30