Sich nur vom Fernseher berieseln lassen war gestern. Der Trend geht zum „Second Screen“, dabei werden Shows online diskutiert. Das ZDF springt nun auf diesen Zug auf.

Stuttgart - Sich einfach nur vom Fernseher berieseln lassen war gestern. Die Generation 2.0 setzt auf Multitasking: Da werden Smartphones gezückt, Tablet PCs gestartet und Computer hochgefahren, wenn die Lieblingssendung läuft. Und dann geht das digitale Gezwitscher los: Bei Twitter oder mittels spezieller Apps und Webseiten tauschen sich die Zuschauer untereinander über die jeweilige Sendung aus. „Second Screen“ (engl. für zweiter Bildschirm) oder „Social TV“ nennt sich dieser Trend, der in den USA und Großbritannien schon jetzt hohe Wellen schlägt.

 

Und auch hierzulande gibt es einen generellen Trend zur parallelen Kommunikation, stellt Frank Barth, Mitgründer der Second-Screen-Plattform „Couchfunk“, fest. „Früher war TV nur senden, heute entwickelt es sich zu „Kommunikation“ “, sagt er. Technische Geräte wie Smartphones und drahtloser Internetzugang machen es möglich. Soziale Netzwerke verbinden Freunde vor dem Fernseher – „also genau an dem Ort, der in vielen Wohnzimmern noch immer der Mittelpunkt ist.“

Heiß diskutierte Sendungen

„Couchfunk“ ist derzeit eine der beliebtesten Second-Screen-Apps.StZ-Screenshot

Genau nach diesem Prinzip funktioniert auch Couchfunk. Hier kann man sich parallel zu einer Fernsehshow mit anderen Zuschauern über Handlung, Darsteller oder Hintergründe der jeweiligen Sendung unterhalten. „Schade, ich hätte es dem Kandidaten gegönnt“, kommentiert etwa ein User eine „Schlag den Raab“-Folge. Die Plattform ist auch mit Twitter und Facebook verknüpft – Couchfunk-Nutzer können so ebenso Diskussionen in sozialen Netzwerken verfolgen. Couchfunk setzt sogar ganz bewusst auf Twitter und schlägt deshalb Hashtags wie #tbbt für „The Big Bang Theory“ oder #GNTM für „Germany’s Next Topmodel“ vor.

Doch nicht alle Fernsehformate werden im gleichen Ausmaß online diskutiert, haben die Verantwortlichen bei Couchfunk festgestellt. Zu den beliebtesten Shows gehören Frank Barth zufolge unter anderem „Schlag den Raab“, „Germany´s next Topmodel“, DSDS und „Frauentausch“ – „erfreulicherweise aber auch „Maybrit Illner“, „Günther Jauch“, „hart aber fair“ und junge frische Formate wie „Neoparadise“ und „Roche und Böhmermann“ “, sagt er.

Und auch der Schwerpunkt der Diskussion unterscheide sich je nach Format. „Während bei „Germany´s next Topmodel“ und „Dschungelcamp“ schon eher das Interesse an den beteiligten Personen im Vordergrund steht, ist es im politischen Diskurs eher die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik.“ Beim Fußball werde hauptsächlich mit dem Verein mitgefiebert.

ZDF-Experiment

Der „Second-Screen"-Dauerbrenner schlechthin: der Tatort. Strahlt die ARD eine neue Folge aus, schießen die Zahlen der #Tatort-Tweets bei Twitter in die Höhe. Das hat man auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen festgestellt – und will diesen Trend nun für sich nutzen. Das ZDF startet deshalb am Freitag ein neuartiges Format, das ganz bewusst auf „Second Screen" setzt.

Die letzte Spur“ ist eine neue Krimiserie (immer freitags um 21.15 Uhr im ZDF), bei der die Ermittler um die Schauspieler Hans-Werner Meyer und Jasmin Tabatabai vermisste Personen aufspüren. Doch bei diesem Krimi sind auch die Zuschauer gefragt: Auf der Webseite der Serie können sie sich mit ihrem Facebook-, Twitter- oder Google-Plus-Konto einloggen und parallel zur Sendung selbst auf Verbrecherjagd gehen. Das ZDF hat eine „Die letzte Spur“-Plattform entwickelt, bei der die Nutzer die Charaktere der Show auf einer Art Magnettafel in Täter, Opfer und Bekannte des Opfers einteilen können und ihre eigene Einschätzung zeitgleich mit der anderer Teilnehmer vergleichen können. Auch hier gibt es ein Diskussionsforum zum Meinungsaustausch – quasi eine Art ZDF-eigenes Couchfunk. „Auf diese Weise wollen wir das Live-Erlebnis für die Zuschauer stärken und einen spielerischen Mehrwert bei uns bieten“, sagt ZDF-Redakteur Sebastian Hünerfeld.

#letztespur

Auch der Twitter-Traffic (#letztespur) soll demnächst auf der „Die letzte Spur“-Webseite eingespielt werden – „aber das ist vielleicht am Freitag technisch noch nicht möglich“, sagt Hünerfeld. Ansonsten ist die ZDF-Plattform bewusst unauffällig gehalten, sie soll die Zuschauer nicht zu sehr vom Geschehen auf dem Bildschirm ablenken. „Es geht ja immer noch darum, die Sendung zu sehen.“

In Mainz ist man jedenfalls gespannt, wie der „Second-Screen"-Aspekt von „Die letzte Spur“ im Netz ankommt. „ So etwas wurde noch nie gemacht. „Die letzte Spur“ ist deshalb ein erster Versuch, wir wollen damit Erfahrungen sammeln.“ Eine erste Rückmeldung gibt es schon: Couchfunk jedenfalls schlägt „Die letzte Spur“ als Tipp des Tages vor.