In Baden-Württemberg steigt die Zahl der durch Zecken verursachten FSME-Fälle. Experten raten jetzt zur Impfung gegen die Hirnhautentzündung.

Stuttgart - Draußen ist es eiskalt. Wer denkt da schon an Zecken? Schließlich können diese Temperaturen sogar den zähen Blutsaugern den Garaus machen. Dennoch sollte man sich jetzt schon über eine Impfung nachdenken, denn in den kommenden Wochen ist die richtige Zeit für eine Immunisierung gegen die Frühsommerencephalitis (FSME). Nur so ist man vor einer Infektion geschützt, wenn es wieder wärmer wird und die Zecken aus ihren schützenden Verstecken kriechen.

 

Vergangenes Jahr haben sich in Südwestdeutschland deutlich mehr Menschen mit FSME angesteckt als im Jahr davor. Jeder zweite in Deutschland gemeldete Fall kam 2011 aus Baden-Württemberg. Das Landesgesundheitsamt in Stuttgart zählte 2011 nach eigenen Angaben 201 FSME-Patienten - 83 mehr als 2010. Bundesweit gab es 409 Erkrankte, 2010 wurden lediglich 256 Fälle gemeldet. Hinzu kommt, dass es vermutlich sehr viel mehr Menschen gibt, die sich mit FSME infiziert hatten. Viele Infektionen verlaufen aber mild, mit Symptomen ähnlich einer Sommergrippe. Diese Patienten gehen nicht zum Arzt.

Viele Infektionen im Südschwarzwald und am Bodensee

Doch nicht immer ist diese durch Viren ausgelöste Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten harmlos. Auch heute noch kann die Erkrankung tödlich enden. Und selbst wenn sie glimpflich ausgeht, klagen die Patienten nach überstandener Infektion oft genug noch über Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme und Gleichgewichtsstörungen. Eine heilende Behandlung gibt es nicht. Daher raten Experten jetzt zur Impfung, damit der Schutz rechtzeitig besteht. "Impfen lassen sollten sich Menschen, die sich in Risikogebieten viel draußen aufhalten.

Eine Person, die nur vor dem Rechner sitzt und nur auf befestigten Waldwegen spazieren geht, muss sich weniger Sorgen machen", erklärt Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Auch das Freizeitverhalten müsse man beachten: "Besonders viele Infektionen gibt es im Südschwarzwald und am Bodensee. Das sind gleichzeitig beliebte Ausflugsziele", sagt Oehme.

Bei einer FSME-Impfung, die von den Krankenkassen bezahlt wird, werden abgetötete Viren in den Körper gespritzt. Das Immunsystem produziert daraufhin spezielle Antikörper, die bestimmte Oberflächenstrukturen der Viren erkennen und diese daher einfangen können. Gelangen bei einem geimpften Patienten durch einen Zeckenstich die Viren in das Blut, kann das Immunsystem sofort reagieren und die Eindringlinge zerstören.

Zecken übertragen auch andere Krankheiten

"Für einen umfassenden Impfschutz sind drei Impfungen notwendig", sagt Oehme. Die ersten beiden Impfungen, die man sich in den kommenden Wochen geben lassen sollte, ergäben einen guten Schutz von etwa 95 Prozent. Die dritte Impfung etwa ein Jahr später vervollständige den Schutz auf 99 Prozent. Nach dieser Grundimmunisierung genüge eine Auffrischimpfung alle drei bis fünf Jahre. Der Impfstoff sei gut verträglich, auch für Kinder, ist sich der Experte sicher.

Wer sich für eine FSME-Impfung entscheidet, darf dabei allerdings nicht vergessen, dass Zecken noch andere Krankheiten übertragen, gegen die es keinen Impfschutz gibt. Sehr viel häufiger als Viren spuckt die Zecke bei ihrem Blut saugenden Stich Bakterien in ihr Opfer. Am häufigsten sind dies die sogenannten Borrelien. Diese spiralförmigen Bakterien können auch langfristig gesundheitliche Probleme machen.

Im Frühstadium lässt sich diese Infektion mit Antibiotika behandeln. Man erkennt die sogenannte Lyme-Borreliose an der charakteristischen Wanderröte. Diese ringförmige Hautrötung kann einige Tage bis einige Wochen nach einem Zeckenbefall rund um die Einstichstelle beobachtet werden. Gleichzeitig leidet der Betroffene oft unter leichten Kopf- und Gliederschmerzen und Fieber. Allerdings können diese Symptome auch fehlen.

 Auch die Kleidung darf man nicht vergessen

Wer die Infektion nicht bemerkt, muss auch Jahre nach dem Zeckenstich mit rheuma- oder gichtartigen Anfällen rechnen. Je länger die Zecke Blut saugt, desto höher ist das Risiko einer Infektion. In den ersten 24 Stunden gelingt es den Tieren nicht, die Bakterien in ihr menschliches Opfer zu übertragen. Wer also die Zecke früh entdeckt und gleich entfernt, verringert das Risiko, an Borreliose zu erkranken.

Auch die Kleidung darf man nicht vergessen: Zecken sind zäh, sie überleben selbst einen Vollwaschgang. Nur der Trockner auf höchster Stufe kann ihnen gefährlich werden - der Kleidung womöglich aber auch. Nicht jeder Mensch wird sofort Opfer der Zecken. So kann sich der eine halbnackt in der Natur bewegen und nicht befallen werden, während der andere durch Kleidung gut geschützt ist und dennoch von Zecken malträtiert wird. "Bis ins kleinste Detail ist die Vorliebe der Zecken für bestimmte Menschen nicht geklärt", berichtet Oehme.

Die wichtigste Rolle bei der Auswahl eines potenziellen Opfers spiele der Schweißgeruch. Die Zecke liebe vor allem Buttersäure und Ammoniak, und je mehr jemand davon im Schweiß habe, desto eher werde er Opfer von Zeckenstichen. Zudem reagierten Zecken auf Kohlendioxid, das beim Ausatmen entstehe. Es sei nicht die Menge eines bestimmten Stoffes, die ein Opfer für eine Zecke besonders interessant mache, sondern die Mischung aus diesen Stoffen.

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Gemeiner Holzbock

Biologie In Deutschland ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) diejenige Zeckenart, die den Menschen am häufigsten sticht. Die Zecke ist ein Spinnentier, was an den acht Beinen des erwachsenen Tieres zu erkennen ist. Sie gehört zu der Gruppe der Milben. Als Parasit ist sie auf andere Lebewesen angewiesen, von deren Blut sie sich ernährt.

Stich Die Zecke hat einen hochentwickelten Stechapparat. Mit ihren scherenartigen Mundwerkzeugen, den sogenannte Cheliceren, reißt sie die Haut des Wirtes auf und gräbt mit ihrem „Stachel“ eine Grube in das Gewebe, die mit Blut vollläuft. Dieses Blut saugt die Zecke immer wieder ab. Mit kleinen Widerhaken hält sie sich an ihrem Wirt fest