EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ärgert sich darüber, dass sich Digital-Kommissar Günther Oettinger häufig zu politischen Themen äußert. Von einer letzten Warnung an den Deutschen ist in Brüssel bereits die Rede.

Brüssel - Es brodelt schon eine ganze Weile im Berlaymont, dem Brüsseler Sitz der Europäischen Kommission. Offiziell geworden sind die Unstimmigkeiten aber erst jetzt. Anlass war der Brief, mit dem Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis kürzlich die Verlängerung des Hilfsprogramms für sein Land beantragte. Während Kommissionschef Jean-Claude Juncker das Schreiben als Erfolg seiner Vermittlungsbemühungen sah und von einem „positiven Signal“ sprach, wertete sein für das Digitale zuständige Kommissar Günther Oettinger das Ganze als „Ablenkungsmanöver“. Was folgte, war eine öffentliche Distanzierung vom eigenen Mann. Oettinger, so teilte Junckers Sprecher daraufhin mit, habe ausschließlich seine „private Meinung“ vorgetragen und keinesfalls die der EU-Kommission.

 

Oettingers Redefluss gebremst

Es war der Höhepunkt einer Auseinandersetzung, nicht ihr Beginn. Schon kurz nach Amtsantritt, als sich Junckers Kommission nach den Enthüllungen zur Steueroase Luxemburg bereits einem Abwahlantrag im Europaparlament gegenübersah, wurden Brüsseler Journalisten gezielt darauf aufmerksam gemacht, dass nur Oettinger auf der europäischen Regierungsbank gefehlt habe. Kurz darauf soll der Deutsche, als er Frankreich wegen seiner anhaltend hohen Neuverschuldung als „Wiederholungstäter“ bezeichnet hatte, vor versammelter Mannschaft von Juncker zurechtgewiesen worden sein. Seine Botschaft: Zur Wirtschafts- und Währungsunion dürften sich in der EU-Kommission nur er selbst sowie sein Vize Valdis Dombrovskis und der französische Währungskommissar Pierre Moscovici äußern.

Oettinger im Redefluss gebremst

Anfang Januar schließlich, als die Behörde ein wichtiges Papier zur Auslegung des Stabilitätspaktes vorbereitete, beschwerte sich Oettinger nicht nur bei Juncker, sondern auch bei Angela Merkel, dass er die Unterlagen zu spät erhalten habe. Die Kanzlerin wiederum sprach Juncker darauf an. Wenig später drang dann aus der Kommissionszentrale das Wort vom Fehlstart Oettingers nach außen: Er habe offensichtlich keine große Lust auf sein digitales Dossier, dabei habe man ihn doch ursprünglich zum mächtigen Wettbewerbskommissars machen wollen und einen der sieben Vizeposten angeboten.