Die Bilder gleichen sich, die Graffitis nicht – einmal mehr sind Zugwaggons in der Region Stuttgart großflächig besprüht worden. Die Verkehrsunternehmen haben immer wieder mit solchen Schadensfällen zu kämpfen – was auch einiges kostet.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Gelb ist die Farbe des Verkehrsunternehmens Go-Ahead. Davon ist in dem Fall nicht mehr viel zu sehen. Drei Waggons eines Go-Ahead-Zuges im Bahnhof Bietigheim sind auf einer Seite fast vollständig mit blau, grün, lila- und rosafarbenen Schriftzügen besprüht. Was sie bedeuten sollen, verstehen nur die Sprayer. Dem Unternehmen bereiten sie Kopfzerbrechen. Mitarbeiter von Go-Ahead inspizieren die noch frischen Graffitis, fotografieren die Waggons und versuchen, sich einen Reim darauf zu machen. Klar ist nur: Hier liegt – wieder einmal – ein Fall von Sachbeschädigung vor.

 

Die Szene spielt am frühen Ostermontagabend. Nach der Schadensaufnahme verlässt der Go-Ahead-Zug planmäßig den Bahnhof in Richtung Heilbronn. In den nächsten Tagen dürfte die betroffenen Waggons aus dem Verkehr gezogen werden, weil die Bemalung die Sicherheit beeinträchtigt. Die Graffitis verhindern, dass Zugreisende nach draußen schauen können. Auch die Wagenkennungen sind nicht mehr zu sehen.

„Präventionsmaßnahmen sind kaum umsetzbar“

Eine Sprecherin des Bahnunternehmens, das in Baden-Württemberg fünf regionale Schienenstrecken mit mehr als 700 Streckenkilometern betreibt, erklärt auf Anfrage, Sprayer würden leider immer wieder ihr Unwesen treiben – nicht nur bei Go Ahead, sondern auch bei anderen Bahnunternehmen: „Da die Fahrzeuge nachts an verschiedenen Standorten im Freien abgestellt werden müssen, sind tatsächlich wirksame Präventionsmaßnahmen kaum umsetzbar.“

Denis Sobeck, Sprecher der zuständigen Bundespolizeidirektion Stuttgart, bestätigt das Phänomen. Dass Züge besprüht würde, geschehe immer wieder – teils gingen die Sprayer auch flächendeckend vor. Die Szene spricht in diesem Fall von „Wholecars“. Darum handelt es sich auch im aktuellen Bietigheimer Fall. Er weckt Erinnerungen an eine Graffiti-Attacke im März 2023, als in Stuttgart ein S-Bahn-Waggon komplett in VfB-Farben eingenebelt wurde.

35 Graffiti-Schadensfälle im zweiten Halbjahr 2023

Die Reinigung der betroffenen Waggons ist jedes Mal aufwendig. Die Go-Ahead-Sprecherin erklärt dazu, man stehe, wie alle Bahnunternehmen, fortwährend vor der Herausforderung, Graffiti an Fahrzeugen möglichst schnell auf eigene Kosten entfernen zu müssen: „Im zweiten Halbjahr 2023 hatten wir 35 Graffiti-Schadensfälle bei Go-Ahead Baden-Württemberg, deren Beseitigung im Durchschnitt je rund 1700 Euro gekostet hat.“

Entsprechend den Verkehrsverträgen mit dem Land Baden-Württemberg müssen Graffiti innerhalb von 72 Stunden nach Feststellung beseitigt werden. „In der Winterperiode ist dies aufgrund der niedrigen Temperaturen jedoch nicht immer sofort möglich.“ Am Ende entscheide man zugunsten des Fahrgastes: „Bevor ein Zug wegen notwendiger Graffiti-Entfernung ausfällt, lassen wir ihn lieber fahren“, sagte die Sprecherin. Eine andere Entscheidung steht für das Unternehmen außer Frage: „Jede Sachbeschädigung, auch durch Graffitis, wird zur Anzeige gebracht.“