Grün-rot stockt die Zuschüsse für private Schulen auf. Doch daran sind Bedingungen geknüpft, an denen vor allem die kirchlichen Gymnasien schwer zu schlucken haben.

Stuttgart - Eigentlich ist es eine gute Nachricht für die Privatschulen im Land. In drei Tranchen will der Staat seine Zuschüsse um etwa 40 Millionen Euro erhöhen. Das kündigte Frank Mentrup (SPD), der Staatssekretär im Kultusministerium kürzlich beim Verband deutscher Privatschulen (VDP) an, am Dienstag machte es das Staatsministerium offiziell. Gleich 2013 soll es zusätzlich zu den aktuellen Zuschüssen von 710 Millionen Euro 6,7 Millionen mehr geben, weitere 16 Millionen sollen 2014 folgen. So sollen alle Privatschulen auf einen Zuschuss von mindestens 75 Prozent kommen. Die Privatschulen haben Anspruch darauf, dass der Staat ihnen 80 Prozent der Kosten eines Schülers an einer öffentlichen Schule ersetzt.

 

Bisher immer vertröstet

Seit Jahren beteuern Landesregierungen, dieses Ziel in Stufen erreichen zu wollen. So auch die grün-rote Koalition. Bisher sind die Privatschulen stets vertröstet worden, zum Ende der Legislaturperiode soll nun die 80-Prozent-Marke erreicht sein. Michael Büchler, der Vorsitzende des VDP würdigt auch den guten Willen. Die erste Tranche sei „ein erster Schritt zur Einlösung einer gegebenen Zusage“. Doch wird die Freude durch Bedingungen für die zweite und dritte Tranche ziemlich getrübt. Jan Schlimgen, der Geschäftsführer des VDP Baden-Württemberg, hat kein Problem mit drei von vier Vorbehalten. Das Land verlangt, dass die Privatschulen ihre Lehrer gerecht bezahlen, dass sie ein Qualitätsmanagement betreiben und dass sie das Sonderungsverbot einhalten. Dieses besagt, dass die Privatschulen keinen Schüler aus finanziellen Gründen ablehnen dürfen und ist ohnehin gesetzlich verankert.

Pensionskosten als Pferdefuß

Gar nicht zu machen sei aber für viele Mitgliedsschulen des VDP Bedingung vier. Im Gegenzug für die erhöhten Zuschüsse verlangt das Land nämlich auch, dass sich die Träger an den Pensionskosten von Beamten beteiligen, die für den Einsatz an Privatschulen beurlaubt sind. Diese Kosten trägt das Land bisher alleine. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bewertet die Vorschläge als einen Beitrag dazu, „das Verhältnis zu den Privatschulen auf eine stabile und faire finanzielle Basis“ zu stellen. Deshalb erwarte man auch, dass die Privatschulen „angesichts der Verschuldung des Landes einen gerechten Beitrag leisten“, ergänzt die Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD).

„Eiertanz“ bei Verhandlungen erwartet

Noch ist alles offen. Die Verhandlungen sollen laut Schlimgen im Januar beginnen. Die Regierung möchte den Pakt im Frühjahr abschließen. „Da wird es hoch hergehen“, sagt Jan Schlimgen voraus. Die Privatschulen bilden keineswegs eine Einheit. Besonders hart trifft es die kirchlichen Schulen, dort sind fast alle Lehrer abgeordnete Beamte. Fein raus sind die Waldorfschulen, die so gut wie keine Lehrer im Beamtenverhältnis beschäftigen. Wie die Solidarität ausgeprägt ist, werde sich bei den Verhandlungen zeigen. „Das wird ein Eiertanz“, dessen ist sich Schlimgen sicher.

Gymnasien vor dem Bankrott?

Zurzeit ist im Gespräch, dass die so genannte Versorgungsabgabe 30 Prozent des Bruttogehalts eines Lehrers betragen soll. „Wenn es so käme, wären unsere Schulen bankrott“, rechnet Eckhard Geier vom Evangelischen Schulwerk Baden und Württemberg vor. Vor allem die privaten Gymnasien träfe es ganz bitter. Denn dort arbeiten meist beurlaubte Beamte, andererseits würde ihr Zuschuss verhältnismäßig gering steigen, da die Gymnasien schon nahe an der 80 Prozent-Marke liegen. Die Bedingung relativiert die guten Gaben des Landes in den Augen des Verbands gewaltig. „Sie geben uns 40 Millionen, aber sie holen sich 25“, schätzt Schlimgen. Geier legt die Beispielrechnung für Stuttgart vor. Das Schulwerk betreibt hier unter anderem das Heidehof- und das Mörike-Gymnasium. „Wenn die Versorgungsumlage 30 Prozent sein müsste, wären das 1,255 Millionen Kosten. Der Zuschuss würde sich andererseits nur um 273 000 Euro erhöhen“. Die Kirchen sehen erheblichen Gesprächsbedarf. Sie finden, der Vorschlag bewirke eine „merkwürdige Umverteilung“. Auch ihre eigenen Fachschulen würden profitieren, weil dort die Lehrer keine Beamten sind.

Waldorfschulen zufrieden

„Sehr erfreut“ sind dagegen die Waldorfschulen über die Landesregierung. Ihr Sprecher Christopher Maier betrachtet die Vorschläge als Schritt zu mehr Gleichbehandlung. „Wir haben die Altersversorgung für unsere Lehrer immer selbst aufgebracht“, betont er. „Die Verhandlungen betreffen uns in keinem Punkt“, findet Maier und tut sich daher schwer mit Solidaritätsbekundungen. Allerdings gilt die Bezahlung der Waldorflehrer als nicht üppig.

Unterschiedliche Kostendeckung

Nach noch unveröffentlichten Zahlen kamen die freien Träger 2011 auf diese Kostendeckungsgrade: Grundschule: 66,7 Prozent , Haupt-, Werkrealschule: 68,1, Realschule: 71,2, Gymnasium: 77,7, Fachschulen für Sozialpädagogik: 78,8 Prozent.

Wie die Regierung errechnet, steigt durch die höheren Finanzspritzen der Kostendeckungsgrad der privaten Grund-, Werkreal- und Realschulen im kommenden Jahr auf 75,4 Prozent, bei den Gymnasien und den Fachschulen für Sozialpädagogik soll sich am Kostendeckungsgrad nichts ändern.

Die oppositionelle CDU meint, die Planung stehe auf tönernen Füßen. Der Privatschulbericht liegt noch nicht vor. Die FDP lehnt die Bedingungen ab.