Nach dem Brand einer Tiefgarage an Silvester 2015 in Stuttgart-Neugereut sind zwei 17 und 18 Jahre alte Angeklagte in der Berufung erneut verurteilt worden. Auf sie kommen hohe Schadenersatzforderungen zu.

Stuttgart - In der Silvesternacht 2015 waren sieben junge Burschen in Neugereut unterwegs, um Raketen zu zünden und zu böllern – mit verheerenden Folgen. Die Tiefgarage am Wildgansweg brannte ab. Es entstand ein Schaden von rund 1,5 Millionen Euro, mehrere Personen erlitten Rauchgasvergiftungen.

 

Vier aus der Siebenergruppe fanden sich später vor dem Amtsgericht Bad Cannstatt wieder. Sie waren wegen vorsätzlicher Brandstiftung angeklagt worden. In der Berufung vor dem Landgericht saßen dann drei junge Männer auf der Anklagebank. Der Jüngste war zuvor vom Amtsgericht freigesprochen worden. Jetzt sind zwei 17 und 18-Jährige erneut verurteilt worden. Gegen den Dritten im Bunde war das Verfahren vom Landgericht eingestellt worden. Er muss allerdings Arbeitsstunden ableisten.

Die Polizei leistete ganze Arbeit

Die Ermittlungsgruppe Wildgans hatte ganze Arbeit geleistet. Nach akribischer Suche fand sie heraus, wer in der Silvesternacht 2015 vor und in der Tiefgarage am Wildgansweg geböllert hatte. Eine Feuerwerksrakete hatte nach Ermittlungen der Polizei die Tiefgarage in Brand gesetzt. Dutzende Autos und zwei Motorräder gingen in Flammen auf, mehr als 100 Bewohner mussten die Wohnanlage verlassen, die Tiefgarage war ausgebrannt, Personen waren verletzt worden.

Schon vor dem Amtsgericht hatten die jungen Männer gestanden, eine Rakete in die Garage geschossen zu haben. Die Staatsanwältin wollte sie wegen vorsätzlicher Brandstiftung und Körperverletzung verurteilt sehen. Die Verteidiger forderten dagegen Freisprüche. Das Urteil im März 2016: Die Angeklagten wurden wegen fahrlässiger Brandstiftung und Körperverletzung mit 120 Arbeitsstunden belegt. So lautet jetzt auch das Urteil des Landgerichts.

Staatsanwältin will nichts von Fahrlässigkeit wissen

Auch vor dem Landgericht hatte die Staatsanwältin nichts von Fahrlässigkeit wissen wollen. Eine Silvesterrakete, die bis zu 1000 Grad Hitze entwickelt, sei in einem geschlossenen Raum abgeschossen „völlig unkontrollierbar“. Sie forderte für die zwei verbliebenen Schüler je sechs Monate Jugendstrafe auf Bewährung.

Die Verteidiger beharrten auf Freisprüchen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Rakete nicht den Brand verursacht hat“, so Verteidiger Michael Erath.

Der Brandsachverständige sei nicht überzeugend gewesen. Zudem hätten die Angeklagten die Rakete gegen 0.40 Uhr gezündet. Der erste Notruf sei aber erst um 1.54 Uhr eingegangen. Das passe nicht. Außerdem, ergänzte Verteidiger Bülent Secgin, sei in jener Nacht mindestens eine andere Gruppe rund um die Garage unterwegs gewesen.

„Jeder hatte die Hosen voll“

Das Gericht sah es anders. „Wir sind überzeugt, dass die Rakete das Feuer entzündet hat“, so Hans-Jürgen Wenzler, Vorsitzender Richter der Berufungskammer. Man habe alles genau geprüft, es gebe keine andere Brandursache.

Das von der Verteidigung angesprochene Zeitfenster stelle sich ebenfalls anders dar. Um 0.40 Uhr war ein Anwohner in der Garage unterwegs gewesen. Er hatte keine Gruppe gesehen und keine Böllerei wahrgenommen. Also könnten die Angeklagten die Rakete, wie behauptet, just zu dieser Uhrzeit nicht abgeschossen haben, so der Richter. Ein Pärchen war damals gegen 1.15 Uhr in die Garage gefahren. Da hatte es auch noch nicht gebrannt. Um 1.30 Uhr hatte eine weitere Zeugin eine Gruppe aus der Garage laufen sehen.

„Jeder in der Gruppe hatte wohl die Hosen voll, aber keiner hat damit gerechnet, dass so ein schlimmer Brand entstehen würde“, sagte der Richter. Deshalb habe die Strafkammer auf Fahrlässigkeit entschieden. Jetzt stehen den Angeklagten hohe Schadenersatzforderungen ins Haus.