Für die Stuttgarter Stadtkämmerei erweist sich die neue Abgabe für Nebenwohnsitze zum 1. Juli bereits jetzt als Erfolg.

Stuttgart - Die Zweitwohnungssteuer, die vom 1. Juli an auch in Stuttgart für Nebenwohnsitze erhoben wird, wird der Stadtkasse voraussichtlich noch mehr Einnahmen bescheren als erwartet. Bereits vier Wochen vor dem Einführungsstichtag wertet die Stadtkämmerei die neue Abgabe als finanziellen Erfolg mit Mehreinnahmen von rund fünf Millionen Euro. "Die 2000 Steuerpflichtigen, die wir erwartet haben, werden wir auf jeden Fall erreichen", sagt Bernd Siegle von der Stadtkämmerei und zieht zufrieden eine erste Zwischenbilanz. Demnach haben auch bereits 2827 Personen ihren bisherigen Nebenwohnsitz in einen steuerfreien Hauptwohnsitz umgemeldet, woran der Stadt wegen der zusätzlichen Gelder über den Länderfinanzausgleich besonders gelegen ist.

 

Die Erwartungen lagen bei 2000 bis 3000 neuen Hauptwohnsitzen, allerdings waren diese Schätzungen eher vorsichtig angelegt. Jetzt ist die Überraschung über die tatsächlichen Auswirkungen der neuen Abgabe umso größer, zumal viele betroffene Einwohner ihre Steuererklärung noch gar nicht abgegeben haben, die Zahlen also eher noch steigen dürften. Und das, obwohl nach heutigem Stand rund 1700 Zweitwohnsitze steuerfrei bleiben.

Zur Erinnerung: wer in Stuttgart einen Nebenwohnsitz hat, muss künftig zehn Prozent der Nettokaltmiete als Zweitwohnungssteuer bezahlen und sich damit an den Kosten der städtischen Infrastruktur beteiligen. Knapp 13.000 Zweitwohnsitzler wurden deshalb aufgefordert, eine Steuererklärung abzugeben. Etwa 7000 solcher Erklärungen oder Anträge auf eine Befreiung von der Abgabe sind laut Stadtkämmerei bisher eingetroffen. Etwa 700 Steuerbescheide sind bereits ergangen.

"Wir haben bisher 1690 Steuerbefreiungen erteilt"

Die Befreiungsanträge seien vorrangig bearbeitet worden, betont Siegle, weshalb man hier schon einen ziemlich genauen Überblick hat. "Wir haben bisher 1690 Steuerbefreiungen erteilt", so Siegle. Davon entfielen rund 1000 auf berufsbedingte Zweitwohnsitze von Verheirateten, 500 auf die zunächst so umstrittenen Kinderzimmerfälle, also Studenten oder Auszubildende, die ihren Erstwohnsitz am Studien- oder Ausbildungsort haben, aber regelmäßig im Elternhaus übernachten, und 100 auf Bewohner von Pflege- oder Behinderteneinrichtungen, die ebenfalls nicht zur Kasse gebeten werden.

Pech hatten rund 100 Antragsteller, denen die Befreiung abgelehnt wurde. So haben zum Beispiel nicht verheiratete Paare keinen Befreiungsanspruch bei einem berufsbedingten Zweitwohnsitz. Auch wenn bei Ehepaaren beide Partner einen Nebenwohnsitz in Stuttgart haben, entfällt die ansonsten mit Rücksicht auf den Familienwohnsitz zugestandene Befreiung. Zur Klärung der individuellen Wohnsituation scheut die Stadt keinen Aufwand. Im Einzelfall wird bei Unstimmigkeiten in der Steuererklärung nachgehakt, etwa dann, wenn der Zweitwohnsitz erst kurz nach dem Steuerbescheid abgemeldet wurde. "Da gab es dann auch schon wieder rasche Anmeldungen", sagt Siegle.

Die Zahl der Zweitwohnsitze hat sich aufgrund der drohenden Steuer stark reduziert

Insgesamt aber zeigt sich die Stadtkämmerei über den bisher recht reibungslosen Ablauf positiv überrascht. "Es gab weniger Probleme, als wir aufgrund der Erfahrungen anderer Städte befürchtet haben", sagt Bernd Siegle und verweist auf die geringe Zahl von Widersprüchen. Diese liege "deutlich unter 100".

Die Zahl der Zweitwohnsitze hat sich aufgrund der drohenden Steuer insgesamt stark reduziert. Laut Siegle gab es zum Stichtag Ende April 10.066 Zweitwohnsitze - vor anderthalb Jahren waren es noch rund 38.000 gewesen. Diese Entwicklung hat nicht überrascht, weil die meisten Abmeldungen die Statistik lediglich von Karteileichen befreit. Sprich: viele waren hier noch gemeldet, obwohl sie längst weggezogen sind. Siegle geht davon aus, dass die Zahl deshalb noch weiter sinken wird. Unter den 5800 Zweitwohnsitzlern, die bisher trotz Aufforderung noch keine Steuererklärung abgegeben haben, vermutet er bis zu 50 Prozent Karteileichen.

Wie viele Nicht-mehr-Stuttgarter es letztlich tatsächlich sein werden, wird man erst nach aufwendigen Recherchen wissen. Zunächst sollen die 5800 Säumigen im Herbst erneut angeschrieben werden. In den Fällen, wo das weiterhin nicht zu einer Steuererklärung führt, werde dann bei der Hauptwohnsitzgemeinde nachgeforscht.