Die Marke Abercrombie & Fitch ist Kult. Im Dezember wird die erste Filiale in Deutschland, genauer gesagt in Düsseldorf, eröffnet.

New York - Die Abgase der Taxistaus in der New Yorker Fifth Avenue und das Aroma der Hotdog-Stände wetteifern um die Hoheit im Gemisch der Großstadtluft. Doch da ist noch etwas. Durch die Lüftung eines Bekleidungsgeschäftes drängt ein parfümartiger Duft bis hinaus auf den Gehsteig. Die Filiale von Abercrombie & Fitch in New York riecht man von Weitem.

 

Unverkennbar ist der eigens für die Kette entwickelte Duft. Er riecht wie frisch geduscht mit einem Hauch von Moschus, und er bleibt ewig in der Nase. Es soll Leute geben, die Jeans und T-Shirts der Modemarke am Geruch erkennen, der den Kleidern anhaftet. Das ist nur eine von vielen Besonderheiten. Abercrombie & Fitch ist Kult. Kaum eine andere Modemarke inszeniert sich so bizarr. Und das mit Erfolg.

Das besondere Flair von Abercrombie & Fitch beeindruckt

Betritt man eines ihrer Geschäfte, wähnt man sich in einem Club: spärliche Beleuchtung und laute Musik, nur gibt es anstatt einer Bar Verkaufstheken, an denen Mitarbeiter mit Modelmaßen stehen. Alle paar Minuten strahlt einen eine der männlichen oder weiblichen Schönheiten an, die aussehen, als wären sie gerade vom Surfbrett gestiegen oder aus dem Fitnessstudio abgeholt worden, und lassen ein lässiges "Hey Guys, what's up?" folgen.

An der Tür posieren abwechselnd die Kollegen mit dem ausgeprägtesten Waschbrettbauch und dem schönsten Filmlächeln für Fotos mit den Besuchern des Ladens. Oben ohne, versteht sich. Die gleichen beeindruckenden Sixpacks finden sich als Männertorso in Schwarz-Weiß auf den Einkaufstüten des Labels wieder. Fotografiert hat die Motive kein Geringerer als der US-Starfotograf Bruce Weber. Über all dem steht die Aussage: Abercrombie & Fitch ist sexy und sieht gut aus.

London hatte das erste Geschäft in Europa

In Europa hat sich die Modekette bisher eher rar gemacht. Erst im Jahr 2007 eröffnete in London das erste Geschäft auf europäischem Boden - und wurde prompt zur Touristenattraktion und zum Ziel aller Klassenfahrten. Doch leicht zu finden ist der Shop zunächst nicht, denn Abercrombie & Fitch spielt offenbar gern Verstecken. Eine Beschriftung an der Außenfassade? Gibt's nicht. Warum auch - wer hierhin will, der sucht.

In dem weißen Stadthaus mit prunkvoller Außenfassade und meterhohen Säulen am Eingang würde man keine Modekette vermuten. Doch die hohen Sprossenfenster des Hauses in der Vigo Street, einer Seitenstraße der belebten Einkaufsmeile Regent Street, sind von innen verklebt. Spätestens die lange Schlange vor dem Eingang ist das sichere Zeichen dafür, dass man den Laden gefunden hat. Ein Türsteher lässt die Einkäufer nur nach und nach eintreten.

Die Marke ist der Star

 Anstehen für den Einlass in ein Klamottengeschäft? Das hat bei der Marke Methode. Und so muss man sich als Wartender von vorbeieilenden Passanten schon einmal fragen lassen, welcher Star denn heute hier auftritt. Nein, es ist nicht Brad Pitt oder Justin Bieber, hier geht es um Kleidung. Die Marke ist der Star.

2009 eröffnete eine Filiale in Mailand, es folgten Kopenhagen, Madrid und Paris. Und nun, von Dezember an, auch Düsseldorf. Die Ankündigung löste Aufregung aus. Die Eröffnung einer deutschen Filiale war bereits mehrfach angekündigt, abgesagt und wieder angekündigt worden. In Internetforen wurde gerätselt, in Modeblogs freudig spekuliert.

Jetzt verkündete die IKP Immobilien GmbH Düsseldorf ganz offiziell den neuen Mieter der Königsallee 17: Abercrombie & Fitch. Das Haus wird momentan umgebaut, so dass die Modekette auf mehreren Stockwerken das komplette Sortiment für Damen, Herren und Kinder verkaufen kann. Vermutlich bilden sich dann auch vor der ersten deutschen Filiale bald Schlangen.

Wird Abercrombie & Fitch in Zukunft an Besonderheit verlieren?

Doch gefährdet die andauernde Expansion vielleicht die Marke? Bisher bedeutete, Abercrombie & Fitch zu tragen, eine Metropole bereist zu haben, künftig könnte es auch schlicht heißen: "Ich war in Düsseldorf." Wie cool ist das dann noch?

Den Reiz der Marke erklärt der Markenberater Nicholas Adjouri auch mit der Verknappung. "Ist man nicht in den USA, ist es schwer, die Produkte zu erwerben. In Europa gibt es die Stores bisher nur in wenigen Ländern", sagt er. So bleibe es etwas Besonderes, A&F zu tragen, man oute sich somit als Kenner und Reisender.Gerade auch, weil die Inszenierung ausgefallener ist als die Kleidung.

Allzu große Größen sind bei den schmalen Schnitten nicht angesagt. Das Sortiment besteht aus Poloshirts, karierten Hemden, schlichten T-Shirts, Kapuzenpullis, Jeans und Röcken. Nichts, was man nicht auch bei Hilfiger oder Zara finden könnte. Die Preise sind dafür verhältnismäßig teuer. 60 Euro für ein Poloshirt, 100 Euro für den Kapuzenpulli. Doch das Abercrombie-Logo in Form eines Elches signalisiert: "Ich war in New York" oder eben "Ich war in London".

"Düsseldorf ist die einzige Wasserstelle in der Wüste Deutschland"

Doch Nicholas Adjouri sieht in der Eröffnung einer Filiale in Düsseldorf kein Problem. "Düsseldorf ist ja erst mal die einzige Wasserstelle in der Wüste Deutschland", sagt er. Auch ein zweiter Laden würde dem Prinzip der Verknappung noch keinen Abbruch tun, meint der Experte.

Überhaupt verfüge Abercrombie & Fitch über eine ausgefeilte Markenstrategie. "Emotion schlägt Vernunft", sagt Adjouri. Wer es schaffe, die Käufer zum "Kreischen" zu bringen, habe den direkten Zugang zum Portemonnaie. Um dieses an der Kasse leeren zu können, heißt es aber zunächst anstehen. Unter 30 Minuten gilt da schon als Bestzeit. In Düsseldorf hat das Warten auf die Waschbrettfraktion derweil schon begonnen.