Eigentlich ist Sean Duffy am Ende: erst degradiert, dann aus dem Polizeidienst geworfen. Außer Musik, Alkohol und Drogen hat er nicht mehr viel. Doch dann soll er im Auftrag des MI5 einen irischen Terroristen finden. Und ein Klassekrimi nimmt seinen Lauf.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Diesmal ein Einstieg ohne musikologische Verstolperer: Zügig und geradlinig führt Adrian McKinty seinen degradierten Ausnahmebullen Sean Duffy ins nächste Kapitel der irisch-republikanischen Unruhezeit. „Die verlorenen Schwestern“ heißt der Roman, der seinem Vorgänger an Spannung und Atmosphäre in nichts nachsteht.

 

Drei Dutzend IRA-Terroristen sind aus dem Gefängnis ausgebrochen, darunter der brillante Politkriminelle Dermot McCann, mit dem Duffy als Jugendlicher befreundet war. McCann gilt als Spezialist für Sprengstoffe, und so ist es für die Behörden eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis ein ganz großes Ding losgeht.

Doch zunächst geht es mit Duffy noch weiter nach unten. Der hochdekorierte Kriminaler war ja am Ende seines vorigen Abenteuers zum gewöhnlichen Streifenbeamten herabgestuft worden. Jetzt wirft ihn der Polizeiapparat vollends raus. Eine einfache Intrige, ein lauwarmes Abfindungsangebot – und die Vorgesetzten haben den trinkenden und kiffenden Sturkopf mit seiner Vorliebe für ungewöhnliche Musik endlich los. Meinen sie.

Denn wie aus dem Nichts taucht das MI5 in Person der Agentin Kate Prentice auf, die Duffy zu altem Rang und Ehren verhilft – immer vorausgesetzt, er schnappt McCann. Doch das ist leicht gesagt: Bulle ist Bulle, und selbst ein römisch-katholischer Ermittler beißt bei seinen Landsleuten auf Granit. Da helfen weder Intelligenz noch – bei Bedarf – nackte Gewalt. Allein McCann Ex-Schwiegermutter bietet dem Detective Inspector einen Deal an: Wenn er den als Unfall getarnten Mord an einer ihrer Töchter aufkläre, gebe sie ihm einen Hinweis auf den Gesuchten.

Es beginnt ein Krimi im Krimi: einerseits verarbeitet McKinty wieder historische Tatsachen, andererseits strickt er einen klassischen Whodunit mit überraschendem Schluss. Und am Ende lässt er Duffy sogar das Leben der Premierministerin retten, die am 12. Oktober 1984 tatsächlich Ziel eines Bombenattentats in Brighton war.

Immerhin: Duffys Sorge, Margret Thatcher würde ihn zum Dank dafür auch noch küssen, bleibt unbegründet. Soviel Nervenkitzel muss dann doch nicht sein.

Adrian McKinty: „Die verlorenen Schwestern.“ Roman. Aus dem Englischen von Peter Torberg. Suhrkamp, Berlin 2015. Klappenbroschur, 378 Seiten. 14,99 Euro. Auch als E-Book, 12,99 Euro.