Auf der Schwäbischen Alb und andernorts haben Archäologen 40 000 Jahre alte Instrumente gefunden – etwa Flöten aus Vogelknochen. Nun fragen sich die Forscher: wie spielten die Steinzeitmenschen ihre Instrumente? Und wozu?

Stuttgart - Spielten Steinzeitmenschen eine Art Klarinette? Oder waren die mit Löchern versehenen Röhrenknochen, in die sie hineinbliesen, doch eher eine Flöte? Eine heiß diskutierte Frage in Fachkreisen, die sich Mitte August treffen – zur 2. Sommerschule Musikarchäologie des Berliner Antike-Kollegs (mit Link zu einem Video). Mitinitiator Adje Both greift zur Demonstration zu einem nachgebauten Instrument, auf dessen abgeschrägtem Mundstück eine Lamelle aus Birkenrinde sitzt, und bläst beherzt hinein: Ein sonores Brumm-Tröten erklingt, das nun zwar nicht an eine Klarinette erinnert, aber auf alle Fälle laut ist, klangvoll und in der Tonhöhe modulierbar. Musik.

 

Unsere Steinzeitvorfahren hatten schon vor rund 40 000 Jahren Instrumente, denen sie Töne entlockten. „Wir haben einige wenige, aber dafür spektakuläre Funde aus dieser Zeit“, sagt Both. Viele stammen aus Deutschland, aus mehreren Höhlen auf der Schwäbischen Alb (hier ein Link zu einem Leser-Uni-Vortrag des Tübinger Archäologen Nicholas Conard). „Dort wurde auch der Geierflügelknochen mit der ungewöhnlichen, lang abgeflachten Schräge gefunden. Ein solches Endstück ist als Flöte über den Rand kaum blasbar.“ Also kam die Klarinetten-Theorie mit der in Schwingung versetzten Birkenrinde ins Spiel.

Spielten sie für Jagdglück oder einfach zum Vergnügen?

Ein anderer Fund aus der schwäbischen Geißenklösterle-Höhle ist aus Mammutelfenbein geschnitzt – mit geradem Blasrand. Eindeutig eine Flöte, sagt Both. Und auch wenn die Frage, ob nun das Prinzip Klarinette oder die Flöte früher da war, vielleicht immer offen bleibt, fasziniert ihn die Machart. „Die Menschen hatten ja noch keinen Bohrer, sondern mussten das Elfenbein aufspalten, die Hälften aushöhlen und dann irgendwie mit Naturmaterialien wieder zusammenkleben.“

Wozu spielten die Höhlenbewohner Musik? Darüber können die Forscher nur spekulieren, denn Wandmalereien gibt es nicht. „Am naheliegendsten sind schamanische Praktiken, für Tierzauber oder Jagdglück. Aber auch Regenzauber oder Rituale, um Ahnen oder Dämonen zu beschwören, sind bei manchen Instrumenten denkbar. Musik an sich ist ja eine magische Sache“, sagt Both. Daneben gebe es aber durchaus Hinweise, dass auch im „häuslichen Kontext“ musiziert wurde. „Vielleicht sogar tatsächlich zum Vergnügen.“