Reinhold Beckmann talkt wieder. Obwohl er bisweilen banale Fragen stellt, fallen Winfried Kretschmann und Co. manchmal spannende Antworten ein.

Stuttgart – „Keine Sorge, Sie haben sich nicht geirrt, sie sind hier absolut richtig“, sagt Reinhold Beckmann ganz zu Anfang im Hinblick auf den neuen Sendetermin seiner Talkshow (donnerstags, 22.45 Uhr, ARD), und schon mit einem Blick aufs Gäste-Tableau ist klar: Der Mann hat Recht, es bleibt irgendwie alles bei den Alten. Zwar muten Winfried Kretschmann (63), Enoch zu Guttenberg (66) und Björn Engholm (71) im Vergleich zu Beckmanns sonstigen Gästen - Joachim Fuchsberger (84), Peter Scholl-Latour (87) oder Helmut Schmidt (92) – fast ein wenig jugendlich an, trotzdem besteht viel Anlass zu Rückblick, Bilanz und ein bisschen Abrechnung.

 

Von der Konstruktion her eine interessante Runde: Enoch zu Guttenberg, Vater des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor, versteht sich als CSUler mit grünem Gewissen; Winfried Kretschmann als Grüner mit konservativem Wertesystem. Er wurde in einem Alter Ministerpräsident, in dem Björn Engholm in Schleswig-Holstein längst zurückgetreten war. Heute betreut Engholm Politiker und Manager mit Burn-Out-Syndrom.

Man plaudert sich halt durch

Aber wie das so bei Beckmann ist: Man plaudert sich halt durch. So richtig in die Tiefe geht das selten.

Ein bisschen geht es um zu Guttenbergs schwieriges Verhältnis zu seinem konservativen Vater (parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium während der Großen Koalition), ein paar Sätze lang um die Rolle der Familie im Nazi-Widerstand, einige Minuten um seinen Beruf als Dirigent. Nur am Rücktritt seines Sohnes Karl-Theodor diskutiert sich die Runde ein bisschen fest.

Wobei zu Guttenberg klug genug ist, sich kaum zur Sache selbst zu äußern, sondern auf der Position beharrt: „Ich liebe meinen Sohn und ich stehe immer zu ihm.“ Und wiewohl er seine Aussage von der „Menschenjagd“ auf seinen Sohn bereue, kritisiert zu Guttenberg die Medien ausführlich.

Plötzlich kommt Leben in Björn Engholm

Das ist dann auch einer der wenigen Momente der Sendung, wo ein bisschen Leben in Björn Engholm, der da in seinem Strickjäckchen vor sich hin sitzt, kommt. Schließlich kennt er sich mit Rücktritten und Medien aus. „Wer gelernt hat, mit den Wölfen zu heulen, muss wissen, dass die Wölfe auch bösartig sein können,“ kontert er zu Guttenbergs Medienschelte. Überhaupt sei das mit den Politikern heute ganz anders als früher. Zu seiner Zeit habe ein Politiker zu 90 Prozent die Welt verändern und zu zehn Prozent Karriere machen wollen.. Ein paar Minuten später korrigiert er sich dann: das Verhältnis könnte auch 70 zu 30 gewesen sein.

Mit erfrischender Offenheit rät er Karl-Theodor zu Guttenberg von einem Comeback ab. Das sei die einzige Möglichkeit, seine Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen.

Und Winfried Kretschmann? Gibt ein gute Figur ab. Auch wenn er die banalsten Fragen von Reinhold Beckmann abbekommt. Etwa nach einem Videoeinspieler über seine Freunde und sein Heimatstädchen Laiz: „Wie wird man eigentlich Schützenkönig?“ Oder: „Ist das so, dass Sie ein großer Redner sind?“

"Wunder sind das, was Politik spannend macht“

Wer Kretschmanns Auftritte als Ministerpräsident in den vergangenen Monaten verfolgt hat, der kennt die pragmatische, bedächtige und schnörkellose Art des baden-württembergischen Regierungschefs bereits. In einer Talkshow, Tummelplatz Profilierungssüchtiger aller Couleurs, sticht sie umso mehr hervor.

Vor allem dann, wenn es dann um Stuttgart 21, um Volksabstimmungen und um die Frage von Macht und ihrer Legitimierung geht. Während sich zu Guttenberg in langen Monologen ergeht, bleibt Kretschmann kurz, prägnant und unaufgeregt. Und wiewohl er zugibt, dass es eines Wunders bedarf, wenn die Volksabstimmung zu Gunsten des Kopfbahnhofs ausgehen soll, so gibt er doch zu bedenken: „Dass ich jetzt Ministerpräsident bin, ist auch ein Wunder. Wunder sind das, was Politik spannend macht.“

Damenkränzchen haben ihre Daseinsberechtigung

So richtig spannend sind die neuerdings 75 Minuten „Beckmann“ nicht, so richtig weh tun sie aber auch nicht. Und daran, dass der Mann ganz oft die falschen Fragen stellt und sie dann am liebsten auch noch selbst beantworten würde, hat man sich inzwischen gewöhnt.

Hätte Reinhold Beckmann statt dreier älterer Herren drei weibliche Gäste gleichen Alters eingeladen, man hätte die Runde ganz treffend ein Damenkränzchen nennen dürfen. Und die haben ja durchaus ihre Daseinsberechtigung.