Auf einem Autobahnabschnitt der A9 in Bayern baut der Bund die digitale Vernetzung aus. Die Landesregierung ist enttäuscht über den Zuschlag für die Nachbarn.

Berlin - Der Bund, das Land Bayern und die Industrie erproben das selbstfahrende Auto unter realen Bedingungen. Auf der Autobahn A 9 zwischen München und Nürnberg sollen Unternehmen und Wissenschaftler das automatisierte Fahren ausprobieren. Ganz ohne Zutun des Fahrers geht es aber selbst im Testbetrieb noch nicht: Die rechtlichen Bestimmungen schreiben bis jetzt vor, dass der Fahrzeuglenker jederzeit Kontrolle über den Wagen hat. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte zum Start des digitalen Testfelds Autobahn an, dass die rechtlichen Vorschriften überarbeitet werden. Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt, die Mitte September beginnt, will er einen Stufenplan zur Einführung des autonomen Fahrens vorlegen. Mit dem digitalen Ausbau der Teststrecke in Bayern soll das autonome Fahren in Alltagssituationen untersucht werden. Dazu wird der Streckenabschnitt mit Sensoren und einem schnellen Internet ausgerüstet.

 

Auf der Autobahn A 9 wird schon seit einiger Zeit das automatisierte Fahren erprobt. Auch schon seit einiger Zeit bringen Hersteller und Zulieferer Fahrzeuge auf die Straße, in denen die Elektronik die Steuerung übernehmen kann. Dabei wird untersucht, wie sich vernetzte Fahrzeuge im Verkehr bewegen. Neu an der Testzone ist, dass auch die Infrastruktur aufgerüstet wird. Mit dem digitalen Ausbau der Strecke soll erreicht werden, dass Fahrzeuge beispielsweise die Verkehrslage auf der davor liegenden Strecke, die Wettverhältnisse oder Parkmöglichkeiten auf Rastplätzen erfassen können. Dobrindt hält das automatisierte und vernetzte Fahren für die „größte Mobilitätsrevolution“ seit Erfindung des Autos. Die Fahrzeuge könnten Unfall- und Staugefahren erkennen und reagierten in Echtzeit.

Vernetzte Autos sollen Hindernisse registrieren

Nach den Worten des Ministers entfalle heute bereits 30 Prozent der Wertschöpfung beim Auto auf die Elektronik. Dieser Anteil werde zunehmen. Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, sagte, Deutschland nehme beim automatisierten und vernetzten Fahren eine Spitzenposition ein. Allein in den kommenden drei bis vier Jahren würden Hersteller und Zulieferer 16 bis 18 Milliarden Euro in die Entwicklung investieren. Wissmann erwartet, dass sich das automatisierte Fahren zunächst auf Autobahnen und im Stauverkehr durchsetzen wird.

Bis jetzt stehen den Autofahrern Assistenzsysteme für das Parken, Bremsen und zum Halten der Spur zur Verfügung. Künftig sollen vernetzte Autos Hindernisse oder wetterbedingte Gefahren registrieren. Dobrindt erwartet, dass sich das vollautomatisierte Fahren schneller durchsetzt als erwartet. Experten rechnen damit, dass die neue Technik in zehn Jahren ausgereift ist. „Ich glaube, wir sind deutlich schneller“, sagte Dobrindt. Er erwartet, dass mit der Vernetzung der Autos 90 Prozent aller Unfälle vermieden werden könnten. Weil die Wagen der Zukunft freie Parkplätze finden, könnten die Kapazitäten im Stadtverkehr um 40 Prozent steigen, sagte Dobrindt. Auf Autobahnen sei eine Kapazitätserweiterung um 80 Prozent möglich.

Baden-Württemberg enttäuscht über Zuschlag für Bayern

Das Testfeld auf der A 9 können alle Unternehmen nutzen. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet. Die Mobilitäts- und Geodaten sollen so gespeichert werden, dass sie allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Die Daten der beteiligten Unternehmen bleiben jedoch deren Eigentum. Dobrindt sagte, das Testfeld wollten nicht nur deutsche Unternehmen nutzen. Es gebe auch Anfragen von US-Konzernen. Nicht nur die Autohersteller erproben das automatisierte Fahren, sondern auch Internetkonzerne wie Google und Apple. Der Bund stellte für den Aufbau des Versuchs 25 Millionen Euro zur Verfügung. Es seien vorerst keine weiteren Erprobungsstrecken mehr geplant.

Der bayerische Staatsminister Marcel Huber (CSU) sagte, mit dem Versuch werde die „German Autobahn“ noch bekannter. „Wir freuen uns, dass der Test in Bayern stattfindet.“ Der Freistaat habe den Anspruch, zu den führenden Automobilregionen zu gehören. Das Land Baden-Württemberg bemühte sich wie Niedersachsen vergeblich um die Teststrecke. Das Land habe Straßen für solche Teststrecken angemeldet, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Dies hat der Bund bedauerlicherweise abgelehnt“, so Hermann. Das Land wolle an dem Thema dranbleiben.