Die Debatte über den Sinn oder Unsinn eines Vollanschlusses der B 27 an das Degerlocher Gewerbegebiet nimmt nochmal Fahrt auf. Die einen halten das Gebiet für ausreichend erschlossen, die anderen sorgen sich, dass das Mercedes-Autohaus abwandern könnte.

Stuttgart - Die Debatte über Sinn oder Unsinn eines Vollanschlusses der B 27 im Degerlocher Gewerbegebiet Tränke im Zuge der geplanten Ansiedlung eines Mercedes-Autohauses gewinnt noch einmal an Fahrt. Zwar hat der Verwaltungsausschuss am Mittwoch die Entscheidung über einen an das Grundstücksgeschäft gekoppelten Bau zweier Rampen ohne Aussprache an den am Donnerstag tagenden Gemeinderat verwiesen. Gleichwohl mehren sich auch aus dem Stadtbezirk Degerloch Fragen im Zusammenhang mit dem Projekt. Aber auch die Interessenvertreter der Wirtschaft führen gute Argumente ins Feld.

 

Abgesehen von den Folgemaßnahmen bei der Verkehrsregulierung innerhalb Degerlochs, die der Gemeinderat bereits 2002 bei seinem Grundsatzbeschluss für den Vollanschluss zur Bedingung gemacht hatte, stellt sich auch die Frage, ob der Bau einer Mercedes-Niederlassung tatsächlich eine Investition von drei Millionen Euro in den Ausbau des heutigen Halbanschlusses rechtfertigt. Das Gewerbegebiet ist bisher von Möhringen und Degerloch aus via Sigmaringer Straße erschlossen, aus Richtung Stuttgart kann das Gebiet ebenfalls über die B-27-Abfahrt angefahren werden. Lediglich aus Richtung Echterdinger Ei muss der Verkehr bereits an der Landhauskreuzung abfahren und dann durchs Weidachtal das Gebiet ansteuern. Für die Grünen in Degerloch etwa ist diese Erschließung absolut ausreichend: „Es geht ja nicht um die Ansiedelung einer riesigen Firma mit hunderten von Arbeitsplätzen“, meint deren Ortsvereinssprecher Klaus Amler. Der Vollanschluss werde in Degerloch unweigerlich zu Staus und Schleichverkehr führen.

Sorge vor Abwanderung eines Gewerbesteuerzahlers

Der Chef der FDP-Ratsfraktion Bernd Klingler dagegen hält den Anschluss jetzt für notwendig. Die Gefahr sei groß, das die Daimler-Konzernzentrale ansonsten das Geld für den Grundstückskauf in der Tränke (die Rede ist von 2,8 Millionen Euro) für andere Projekte einsetze. Auch die Abwanderung der Mercedes-Filiale in benachbarte Kommunen wie etwa Leinfelden-Echterdingen sei nicht auszuschließen. „Dann verlieren wir wieder einen Gewerbesteuerzahler“, befürchtet der Liberale.

Wie berichtet, hat Mercedes den Kauf der städtischen Fläche für eine Verlagerung des bestehenden Autohauses vom Bau zumindest des Degerlocher Anschlussasts abhängig gemacht und will sich an dessen Finanzierung mit 300 000 Euro beteiligen, für den Bau der zweiten Rampe sind weitere 200 000 Euro in Aussicht gestellt. Die ökosoziale Mehrheit im Rat wehrt sich gegen dieses Junktim und will über den Vollanschluss separat entscheiden.

Steigt der Wert der Grundstücke durch den Anschluss?

Zudem gibt es Spekulationen, ob Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll mit der Koppelung Grundstücksverkauf-Vollanschluss nicht noch ganz andere Ziele verfolgt. So könnte ein Vollanschluss des Gewerbegebiets an die B 27 die Grundstücke dort erheblich aufwerten – in der ebenfalls laufenden Debatte um die Verlagerung der Feuerwache 5 aus der Tränke nach Möhringen ein zugkräftiges Argument, um den bisherigen Standort der Wache auf städtischem Gelände für weitere zahlungskräftige Investoren interessant zu machen.