Am zweiten Tag des Prozesses gegen die mutmaßlichen Mörder einer Backnanger Chinarestaurantbesitzerin gibt es vor dem Landgericht weitere Erkenntnisse, aber auch einige Rätsel.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Stuttgart/Backnang - Nur ein gelegentliches Kopfschütteln, wenn sie gefragt wurden, ob sie Fragen an einen der Zeugen hätten – mehr Regung gab es am zweiten Tag des Prozesses von den beiden mutmaßlichen Mördern der Chefin des Backnanger Lokals Asien-Perle nicht zu sehen. Regungslos verfolgten die Männer mit den kurzgeschorenen Haaren die Aussagen von Polizisten und eines Rettungssanitäters, die unter den ersten waren, die den Tatort am Morgen des 4. März betreten hatten.

 

Sanitäter: wie im Film

Einem Rettungsassistenten, der zu dem Restaurant gerufen worden war, bot sich ein schreckliches Bild: „Uns fielen gleich blutige Fußspuren auf, die zur Kasse führten – wie man es aus Filmen kennt“, meinte der junge Mann. Er sei deshalb von einem Gewaltverbrechen ausgegangen. In der Damentoilette hätten er und seine Kollegen den Körper einer kleinen, zierlichen Frau erblickt. Es handelte sich um die 53-jährige Chefin des Lokals – blutüberströmt, gefesselt und geknebelt. „Als wir feststellten, dass die Leichenstarre bereits eingetreten war, wussten wird, dass das nichts mehr für uns ist“, so der Sanitäter.

Die Polizisten von der Kriminaltechnik übernahmen und untersuchten die Räume des Backnanger Lokals akribisch. Die erste Strafkammer des Landgerichts brauchte am Freitag mehrere Stunden, um die unzähligen Asservate und Fotos durchzugehen, die die Polizisten gesammelt hatten. Bei ihrer Arbeit waren sie auf etliche Spuren und Indizien gestoßen – und auf einige neue Rätsel. So entdeckten sie – neben vielen anderen Einwirkungen massiver stumpfer Gewalt – im Brustbereich des Opfers einen rätselhaften Abdruck. Woher er stammt, konnten sie bis heute nicht klären.

Gefesselt mit vielen Metern Klebeband

Gefesselt war das Opfer mit Klebeband – „mit vielen, vielen Metern“, so ein Kriminaltechniker. Von den Füßen der Frau an war das Band um ihre Beine, über das Gesäß und den Rücken und dann mehrfach um ihren Hals geschlungen – ob letzteres in der Absicht geschah, die Frau zu strangulieren, blieb unklar. Auch an den Händen war die Chefin des Lokals gefesselt, hatte eine Hand aber offenbar befreien können.

Ein Team der Spurensicherung kümmerte sich auch um das Zimmer, das die Frau bewohnt hatte. Es war offenkundig durchwühlt worden. Überall lagen Kleidungsstücke, auf dem Bett ein Handy, außerdem mehrere Geldbörsen und –kassetten. Einige davon waren leer – aber bei weitem nicht alle: Insgesamt fanden die Ermittler im Zimmer der Frau Schmuck und Bargeld von mehreren tausend Euro. Warum die mutmaßlichen Täter dieses Geld sowie zwei Ketten und eine Uhr, die das Opfer bei sich trug, liegen ließen, aber 20 000 Euro und eine Uhr im Wert von 8000 Euro mitgenommen haben sollen, konnte gestern nicht geklärt werden.

Wust an Indizien und Fakten

Der Wust an Indizien und Fakten, die das Landgericht noch klären muss, ist riesig. Zumal bei der Spurensicherung modernste Methoden zum Einsatz kamen: Das Landeskriminalamt vermaß den Tatort mit einer 3-D-Kamera, Kriminaltechniker untersuchten den Boden und Oberflächen mit Luminol – einer Substanz, die selbst kleinste Blutspuren sichtbar macht. Selbst das Bettzeug des Mordopfers wurde mit Klebefolien behandelt, um mögliche Faserspuren zu sichern.

Diese Akribie war es wohl auch, mit der man schließlich den Tätern auf die Spur gekommen ist: Unter den Fingernägeln der Toten sowie an dem Klebeband, mit dem sie gefesselt war, wurden schließlich ihre DNA-Spuren entdeckt.

Dies wird wohl noch eine Rolle spielen, wenn am 5. September eine DNA-Sachverständige aussagt. Der nächste Prozesstermin, der 24. August, wird dagegen wohl eher kurz ausfallen – dann sollen lediglich Notrufprotokolle verlesen werden.