Dem Landeswirtschaftsminister Nils Schmid ist angesichts der Konjunkturzahlen die vorweihnachtliche Stimmung zu gönnen. Doch Rot-Grün sollte vor allem angesichts des absehbaren digitalen Umbruchs mehr kreative Unruhe zeigen, meint Andreas Geldner.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Man kann dem Landeswirtschaftsminister die vorweihnachtliche Stimmung bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturzahlen nicht verdenken. Rekorde bei Beschäftigung und Export, wachsende Einkommen, niedrige Arbeitslosigkeit – sonst noch Wünsche? Wenn Deutschland insgesamt ein saturiertes Land ist, dann ragt Baden-Württemberg als eine Insel der Seligen darin sogar noch heraus. Doch steckt in dieser (Selbst-)Zufriedenheit genügend Potenzial für künftige Dynamik? Eine voraussichtliche Wachstumsrate von 1,25 Prozent, die mehr oder weniger im Bundesdurchschnitt liegt, ist angesichts der schwierigen globalen Umstände zwar ordentlich, aber ein Polster für die Zukunft ist sie nicht.

 

Bisher hat die Wirtschaft im Land einzelne Schocks vergleichsweise locker weggesteckt. Doch wer sagt, dass es im kommenden Jahr bei lokalen Krisen bleibt? Die Weltwirtschaft bewegt sich zurzeit auf dünnem Eis. Der Wirtschaftsminister hat bei seiner Präsentation der Konjunkturzahlen pflichtschuldigst Initiativen angekündigt, mit denen das Land den Wandel zur digitalen Wirtschaft mit zweistelligen Millionenbeträgen fördern will. Doch es geht hier nicht um ein paar Fördermillionen. Die Digitalisierung, die hierzulande gerne unter die Überschrift Industrie 4.0 gefasst wird, bedeutet für den Produktionsstandort im Südwesten einen Umbruch, wie ihn die Wirtschaft schon lange nicht mehr erlebt hat. Neue Konkurrenten und andere Geschäftsmodelle haben das Potenzial, das Fundament unseres bisherigen Erfolges radikal auf den Kopf zu stellen. Baden-Württemberg hängt stark vom produzierenden Gewerbe, insbesondere der Autobranche ab. Kann das langfristig so bleiben? Solche Fragen weisen weit über aktuelle, scheinbar beruhigende Konjunkturzahlen hinaus. Der Landesregierung würde man trotz der soliden Konjunkturergebnisse etwas mehr kreative Unruhe wünschen. Satte Zeiten sind für die Zukunft eines Landes die gefährlichsten.