Von Tafelspitz bis zum Kaiserschmarrn – die meisten Speisen, auf die die badische Küche mit Recht stolz ist, entstammen eigentlich der Kochkultur der alten Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Eine „typisch badische Küche“ kann es eigentlich gar nicht geben: 438 Jahre war der äußerste Südwesten vorderhabsburgerisch, also ein Teil von Österreich, zwischendurch aber immer wieder auch französisch besetzt. Erst seit 208 Jahren gibt es Baden als Staatsgebiet, geschaffen von Napoleon. Die Hauptstadt Vorderösterreichs war Freiburg. Das ist im Stadtbild nicht zu übersehen. Der „Basler Hof“, das heutige Regierungspräsidium, das Historische Kaufhaus und andere Gebäude legen davon Zeugnis ab. Aber auch das, was auf den Speisekarten Freiburger Gaststätten steht, ist davon beeinflusst.

 

„Tafelspitz!“ Petra Zwölfer vom Hotel Restaurant „Roter Bären“ in Freiburg zögert keine Sekunde, wenn sie das wichtigste Erbe Österreichs in der badischen Küche nennen soll. Gekochtes Ochsenfleisch mit Meerrettichsoße und Salzkartoffeln soll nicht „badisch“ sein? „Nein, das kommt aus der habsburgischen Küche.“ Da ist sich Petra Zwölfer sicher. „Allerdings wird der österreichische Tafelspitz in der Brühe und mit Apfelkren, Schnittlauchsauce und Kartoffelschmarrn serviert“, erläutert sie.

Kren steht für Meerrettich, Schmarrn kann Kartoffelbrei oder geraspelter Brägel sein – eine aus dem Schwarzwald stammende Bezeichnung für Rösti. Petra Zwölfer weiß, wovon sie redet. Die 30-jährige Hotelfachfrau ist in Bischofshofen bei Salzburg aufgewachsen und führt zusammen mit ihrem Mann seit drei Jahren die Geschäfte im „Roten Bären“, dem ältesten deutschen Hotel. Es blickt auf eine Tradition zurück, die sogar noch älter ist als die Habsburger Herrschaft.

Schupfnudeln, Buabaspitzle oder Krautnudeln

Mit den Zwölfers ist die Speisekarte des Bären deutlich „österreichischer“ geworden. Im normalen Monatsmenü taucht da „Rücken vom Reh und Mohnschupfnudeln“ auf. Schupfnudeln sind typisch für alle deutschen Südstaaten, es gibt sie in Bayern, in Baden-Württemberg und in der Pfalz. Sie haben sich vermutlich im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) verbreitet.

Die österreichisch-kaiserlichen Landsknechte haben ihre Mehlration mit Wasser gemischt und aus dem Teig Nudeln gerollt und in Wasser gekocht. Die Standardversion wird heute noch so hergestellt. Meist mit Roggenmehl, es geht aber auch mit Kartoffelmehl. Je nach Region gibt es unterschiedliche Namen für die Speise. Im alemannischen Sprachraum spricht man von Bubaspitzle, im Odenwald heißen sie Krautnudeln. Wahrscheinlich deshalb, weil man sie oft vermengt mit Sauerkraut isst.

Ob die Nudel an sich wirklich aus Österreich stammt oder dort sozusagen auf der Durchreise von China via Württemberg in Baden zu ihren Spitzen gekommen ist, kann nicht genau gesagt werden. Getreide war überall in der alten Welt die Grundlage der Ernährung und gekocht mit Wasser ist der Weg zur Nudel nicht weit.

So mancher Kloß kommt auch aus Österreich

Die Österreicher haben etliche süße und saure Klöße erfunden, die dann „Topfen“ oder „Germknödel“ (Hefeknödel) heißen, und die auch einen tollen Nachtisch mit Vanillesoße abgeben. Auch die Dampfnudel ist sozusagen multifunktional, sie kann als salzige Beilage, mit Pilzrahmsoße auch als Hauptgericht oder als Nachtisch süß serviert werden. Gefüllt wird sie mit Marmelade aus Marillen (Aprikosen).

Nicht nur Ochsenfleisch und Schupfnudeln, sind Importware, sondern auch ein weiteres badisches Standardgericht: die allseits beliebten Leberle. „Die ganzen Innereien stammen aus der Habsburger Küche“, erläutert Petra Zwölfer. Ebenso wie Einbrennsuppe, Gerstensuppe, Sachertorte, Apfelstrudel und Kaiserschmarrn. Ja, gibt es denn überhaupt irgendwas, was die Österreicher nicht Badens Kochtöpfe erfunden haben?

Zwölfer bedauert lächelnd: „In der badischen Küche ist das alles mit den Einflüssen aus der Schweiz und aus Frankreich zu einer tollen regionalen Küche verschmolzen.“ Womit sie wohl auch ihren Küchenchef Albert Schweizer dazu bewegt haben dürfte, eine eigene österreichische Rubrik auf die Speisekarte zu nehmen: mit Wiener Schnitzel, echtem Tafelspitz und Backhendl.

Ein Leuchtturm der österreichischen Küche

Michelin-Stern
Österreichische Küche hat Südbaden im vorigen Jahr einen weiteren Michelin-Stern gebracht: Im Hotel Bell Rock im Europa-Park in Rust ist das Ammolite – The Lighthouse Restaurant schon ein Jahr nach seiner Eröffnung ausgezeichnet worden. Im Erdgeschoss des Leuchtturms, gestaltet von dem international renommierten Hoteldesigner Claudio Carbone, kocht der Österreicher Peter Hagen.

Chefkoch
Hagen ist seit über 15 Jahren in den Gourmetküchen der Welt zu Hause. Unter anderem arbeitete er in Wohlfahrts Schwarzwaldstuben in der Taube Tonbach. „Ich möchte immer bodenständig kochen, auf der Basis der französischen Hochküche, mit modernen Einflüssen aus der hiesigen Region sowie aus Österreich und der mediterranen Küche“, erklärte der Chefkoch bei der Einweihung