Oberbürgermeister Werner Spec hat Großes vor: Er will das Portal zur Stadt neu gestalten. Ein Scheitern hieße wohl auch das Aus für das Modellprojekt E-Mobilität.

Ludwigsburg - Die einzigen, die sich am Ludwigsburger Bahnhof wohlfühlen, so scheint es, sind Alkoholiker, Junkies und andere Rumtreiber. Sie fühlen sich magisch angezogen von der Betriebsamkeit der Reisenden und verleiden diesen den Aufenthalt, indem sie dort Gelage feiern oder mit Vorliebe alle Zugänge blockieren. Das soll nun anders werden, verkündete jetzt der Oberbürgermeister. Der siebtgrößte Zughalt in Baden-Württemberg soll wieder ein Ort werden, an dem sich auch die wohlfühlen, die in der Stadt ankommen oder irgendwohin fahren wollen. Werner Spec will alle Beteiligten an einen Tisch holen. Er verspricht den „großen Wurf“.

 

Auslöser für den Vorstoß sind aber nicht etwa Klagen von Polizei und Bürgern. Der Bahnhof ist als Verkehrsdrehscheibe in den Blickpunkt gerückt, weil die Verwaltung plant, die Zone für die Elektromobilität auszuweiten. „Der Bahnhof ist einer der Schwerpunkte im Stadtgebiet“, sagt Olaf Dienelt vom Fachbereich Nachhaltige Stadtentwicklung. Er müsse so umgestaltet werden, dass er gleichberechtigt neben anderen Knotenpunkten in der Stadt bestehen könne. Schon jetzt sei Ludwigsburg in der luxuriösen Situation, dass es sogar ein Fahrradparkhaus am Bahnhof gebe.

Ohne Aufenthaltsqualität, kein Zuwachs

Im Grunde sei das ideal für Reisende, die mit dem E-Bike oder einem Pedelec ankämen, um mit dem ÖPNV weiter zu fahren, erklärte Dienelt, der am Modellprojekt Elektromobile Stadtverwaltung mit gearbeitet hat. Doch bisher verpufften alle positiven Effekte, weil der Bahnhof in schlechtem Zustand sei. Ohne Aufenthaltsqualität sei kein Zuwachs bei der umweltfreundlicheren Fortbewegung zu erwarten, sagt Dienelt. Außerdem müssten Busse und Autos viel besser an den Schienenverkehr angebunden werden. Die Paketdienste wollten innerhalb der Stadt auf E-Mobile umsteigen und Ludwigsburg arbeite mit Sindelfingen an einem Carsharing-Modell mit Elektrofahrzeugen, sagt Dienelt. Und alle diese Bemühungen kreuzten sich immer wieder am Bahnhof.

Der Bahnhof als Wohlfühlort? Monika Schittenhelm hörte es gern. „Es wäre bewundernswert, wenn Ihnen da etwas gelänge“, sagte die SPD-Stadträtin. Sie erinnerte an ihre Mitarbeit bei der Arbeitsgruppe zur kommunalen Kriminal-Prävention am Ludwigsburger Bahnhof. „Wir haben nichts erreicht, absolut nichts. Und wir wollten nur ganz kleine Dinge durchsetzen.“ Beispielsweise etwas gegen die Vermüllung auf dem Vorplatz oder die vielen Scherben an den Bahnsteigen,

Zustände sind so nicht länger hinnehmbar

Natürlich hätten viele die Nase voll, räumte OB Spec ein. „Das Wohlgefühl der Fahrgäste ist stark getrübt. Es gibt viel Unrat und nach 19 Uhr wird nicht mehr gereinigt.“ Diese Zustände seien so nicht länger zu akzeptieren. Spec verwies aber auch auf die schwierige Organisationsform. Ein privater Investor ist für die Belegung mit Einzelhändlern verantwortlich. „Das soll ja so eine Art Kaufhaus sein“, sagt der OB. Aber nicht nur für den Gleisbetriebe, auch für die immer wieder streikenden Aufzüge beispielsweise sei wiederum die Bahn AG zuständig. „Das ist eine sehr schwierige Situation, aber wir werden mit allen Beteiligten reden.“ Der Bahnhof müsse ein attraktiver Ort werden, sagt Spec: „Dazu müssen wir auch die Innenarchitektur verbessern.“

Es gebe „traditionell ein Problem mit dem Bahnhof“, sagte Michael Vierling. Sicherheit, Sauberkeit und Übersichtlichkeit ließen zu wünschen übrig. Der Grüne fordert einen Durchstich für Fußgänger vom ZOB zu den Gleisen. Martin Müller (FDP) hofft, „dass sich am Bahnhof bald etwas tut“, und auch Elke Kreiser (CDU) wünscht sich ein Gebäude, das seiner Bedeutung gerecht werde – „einen Wohlfühlort“.