Der Bayer Leverkusens neuer Trainer Robin Dutt bevorzugt den autoritären Führungsstil. Diesen wünscht offenbar auch die Clubführung.    

Leverkusen- Unten in der Mixed Zone der schicken Leverkusener Fußballarena steht neuerdings eine Wand mitten im Raum. Dort, wo Journalisten mit Spielern sprechen können, soll verhindert werden, dass erregte Fußballer direkt nach dem Abpfiff allzu unbedachte Dinge sagen. Erst nach dem Duschen, wenn die Profis ruhiger sind und die meisten Reporter ein paar Stockwerke höher bei der Pressekonferenz sitzen, ergeben sich Interviews jenseits der TV-Kameras. Bayer Leverkusen ist abgeschotteter geworden, interne Entwicklungen werden verborgen, seit Robin Dutt das Traineramt übernommen hat.

 

Ruhig ist es aber trotzdem nicht in Leverkusen, nach Niederlagen im Pokal und am ersten Bundesligaspieltag wurde viel diskutiert über einen Konflikt zwischen Simon Rolfes und dem neuen Trainer. Der Kapitän hatte sich über eine Auswechslung beschwert, und weil Dutt sagt, Rolfes und Michael Ballack könnten nicht gemeinsam spielen, tobt eine Debatte die beiden Führungsfiguren.

Doch ganz im Sinne der Wand werden alle Fragen abgewiegelt: "In dieser Woche nicht", erklärt Rolfes; Ballack sagt sowieso nichts; und natürlich schweigt auch Bernd Leno. Auf Geheiß des Trainers. "Die Medien sollen ihn nicht verunsichern und nervös machen, Bernd soll sich ganz auf das nächste Spiel fokussieren", sagt Dutt, der natürlich genau weiß, dass der junge Torhüter auch ohne öffentliche Statements im Mittelpunkt stehen wird, wenn die Werkself in Stuttgart spielt.

Die Öffentlichkeit soll nur das Nötigste erfahren

Denn der 19-jährige Leno begann diese Saison als dritter Torhüter des VfB, und er wird wohl schon im Dezember zurückkehren an den Neckar. Irgendwann in den nächsten Wochen rechnen die Leverkusener mit der Genesung René Adlers, der an einer Knieverletzung laboriert, das Leihgeschäft ist daher bis Ende 2011 befristet. Zwar würde Bayer Leno gerne längerfristig unter Vertrag nehmen, doch die Stuttgarter wollen ihr Juwel auf keinen Fall verlieren, der Manager Fredi Bobic hat allen Abwerbungsversuchen widerstanden.

Und noch ist auch gar nicht klar, ob Leno den Leverkusener Ansprüchen tatsächlich genügt, schließlich wurden David Yelldell und Fabian Giefer nach je einem Fehler fallen gelassen. Doch des Trainers Vertrauen zu Leno, der in seiner ersten Partie gegen Bremen wenig zu tun bekam, entwickelt sich: "Was ihn angeht, haben wir alle ein gutes Gefühl. Er hat eine gute Ausstrahlung", sagte Dutt. "Für ihn ist es etwas Besonderes, gegen Stuttgart zu spielen."

Kühle Konsequenz ist ein zentrales Merkmal der Leverkusener unter Dutt. Die Öffentlichkeit soll nur das Nötigste erfahren, die Spieler sollen es nicht allzu gemütlich haben, dieser Stil des neuen Trainers verwirrt viele in Leverkusen. Die Spieler wurden unter Jupp Heynckes sanfter behandelt, der nach München gewechselte Trainer räumte Sonderrechte ein, und er beschäftigte sich mit dem Privatleben der Profis. Trotz der ewigen Debatten über Michael Ballack, der nur selten spielen konnte, herrschte Harmonie. Das hat sich inzwischen ein wenig geändert.

Dutt darf nicht den gleichen Fehler wie Labbadia machen

Offenbar reifte in der Clubführung die Einsicht, dass das Kuschelklima dem Erfolg nicht unbedingt zuträglich ist, der Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser sagte dem "Express" in dieser Woche: "Einzelinteressen müssen hier zweitrangig sein. Egal, ob wir von Ballack oder Rolfes oder irgendjemand anderen sprechen. Alles, ich betone alles, muss den hohen sportlichen Zielen des Vereins untergeordnet werden!" Es soll ein wenig rauer werden im betulichen Leverkusen, denn der Verein möchte gerne ein robusteres Team haben. Und Dutt soll eine Schlüsselrolle im Paradigmenwechsel spielen.

Dass das nicht jedem gefällt, ist klar. Der Torwarttrainer und Mentor von René Adler, Rüdiger Vollborn, spielt nur noch eine zweitrangige Rolle. Der Teammanager Hans-Peter Lehnhoff, der bei den Einheiten gelegentlich gefürchtete Flanken schlug, wurde ganz vom Übungsbetrieb verbannt.

Die "Süddeutsche Zeitung" bezeichnete Dutts Vorgehen jüngst als "fundiert, aber technokratisch", und berichtete von einem "Feld atmosphärischer Störungen". Dutt selbst sagt nur: "Wenn ein neuer Trainer kommt, macht der punktuell immer irgendetwas anders, das muss sich finden, das ist Alltagsgeschäft." Mit seiner "klaren Linie" müsse "jeder klarkommen".

Allerdings muss der Schwabe aufpassen, dass er nicht dieselben Fehler macht wie Bruno Labbadia vor zweieinhalb Jahren. Dem heutigen VfB-Trainer fehlte die Kompromissbereitschaft, er versuchte seine Autorität mit Härte und Beharrlichkeit durchzusetzen. Am Ende war sein Verhältnis zur Mannschaft nicht mehr reparabel.

Hier geht es zum Live-Ticker für das Spiel VfB Stuttgart gegen Bayer 04 Leverkusen.