Peitschende Stromkabel: Das Berliner Elektronik-Trio Moderat hat im LKA überzeugt.

Stuttgart - Es ist gar nicht so leicht, reine Digitalmusik so aufzubereiten, dass ihre Inszenierung nicht zur statischen Knöpfchendrückerei verkommt. Wie’s geht, zeigte das Elektro-Trio Moderat nun im ausverkauften LKA – und zwar nochmals besser als bei seinem schon feinen, aber noch etwas statischen Konzert im Februar 2014.

 

Zwei Jahre später bearbeiten die Berliner ihre Notebooks und Computer – als Klangerzeuger wahre Wunderkisten, aber eben ohne jede physische Aura – nun fast so zupackend, als wären sie Gitarren. Kein bisschen moderat, sondern wuchtig und muskulös wirkte der Moderat-Sound im mit 1500 Zuschauern ausverkauften LKA – in Sachen Livepräsenz und Gruppendynamik hat dieses gemeinsame Projekt des Songwriters Sascha „Apparat“ Ring und des DJ–Duos Gernot Bronsert und Sebastian Szary alias Modeselektor erkennbar ein „next level“ erreicht.

Auch musikalisch tut sich was bei Moderat – und zwar keineswegs nur durch eine weitere Anhäufung von Effekten. Klar, ihre Technik haben die Herren natürlich bestens im Griff. Die bandtypische Mischung aus herben Knochenbrecher-Beats, bis in die Magengegend fühlbaren Elektro-Bässen und flächigen Synthie-Loops ist punktgenau gespielt, auf bekannt finessenreichem Niveau bewegt sich die Optik: ein virtuos choreografiertes Ballett aus animierten Grafiken, stylishen Videoclip-Sequenzen, tanzenden Lichtblöcken und fein dosiertem Laserzauber.

Moderat sind wohltuend immun gegen die Versuchungen der Gefälligkeit

Auch der Klang kommt äußerst manierlich aus den Boxen, schön trocken und mit nur geringen Verzerrungen. Einzig die Stimme von Sascha Ring, ohnehin nicht eben voluminös, geht im Mix etwas unter, kämpft sich nur schwer an die Oberfläche der Musik. Die taugt dafür um so mehr dazu, auch Verächter von technoiden Klängen zu bekehren – so filigran und versiert werden hier die Schnittstellen zwischen Song und Soundscapes ineinander verzahnt. Grooves türmen sich nie zu bloßen Rhythmusgewittern, setzen nie auf Monotonie, sondern auf kontinuierliche Taktverschiebungen jenseits penetranter Partymucke.

Andererseits zeigen sich Moderat noch immer wohltuend immun gegen die Versuchung übertriebener Gefälligkeit. Oft flutet nicht gefälliger Schönklang das LKA, sondern ein Soundszenario, als würden die Berliner ihr Equipment mit Stromkabeln auspeitschen. Neue Tracks aus dem aktuellen Album „III“ (eindrucksvoll insbesondere: „Reminder“) und Klassiker wie „Bad Kingdom“ und „A new Error“ mischen sich zu einer vorzüglichen, neunzigminütigen Revue zwischen Breakbeat und Dubstep, TripHop und Techno.

An deren Ende greift Sascha Ring tatsächlich noch zu einer Gitarre; er bespielt sie allerdings eher wie einen Computer.

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