Luxuriöse Herrenuhren, exklusive Taschen und das teuerste Notebook – ein junger Mann hat gestanden, mit gefälschten Kreditkarten auf Einkaufstour gegangen zu sein. Dafür ist er eigens von London angereist. Aber wer war sein mysteriöser Begleiter?

Stuttgart - Im Urlaub in Schweden als Pole geboren, dann mit der Mutter in die USA ausgewandert, von dort aus allein nach London und jetzt in Stuttgart auf der Anklagebank – der junge Mann, der vor der 5. Strafkammer des Landgerichts steht, hat schon viel erlebt. Jetzt lernt er die deutsche Justiz kennen. Er hat gestanden, mit komplett gefälschten American-Express-Kreditkarten in Köln, Frankfurt und Stuttgart Luxusgüter eingekauft zu haben.

 

Langbärtig und heftig tätowiert

Am 26. März dieses Jahres kommt ein heftig tätowierter, langbärtiger Mann in ein Juweliergeschäft in Köln. Der freundliche Kunde will eine Rolex-Herrenuhr für 10 600 Euro kaufen. Doch das Lesegerät akzeptiert seine Kreditkarte nicht. Drei Stunden später taucht der englisch sprechende Mann in einem anderen Geschäft auf. Dieses Mal klappt es. Er ersteht eine Rolex Submariner für 6460 Euro, bezahlt mit einer American-Express-Karte. Mit einer gefälschten wohlgemerkt. Nur fünf Tage darauf wird der freundliche Mann bei einem Juwelier in Frankfurt am Main vorstellig. Dort macht das Lesegerät keine Probleme. Er kauft Schmuck und eine Rolex. In zwei weiteren Läden ersteht er Luxustaschen und ein Notebook für mehrere tausend Euro.

Schließlich will der Mann in Stuttgart shoppen gehen. Bei einem Juwelier auf der Königstraße hat er sich am 6. April erneut eine Rolex ausgeguckt. Doch der Verkäufer wird misstrauisch, als das Lesegerät streikt. Er ruft die Polizei, der Mann wird festgenommen. Insgesamt soll er mit den gefälschten Karten für knapp 30 000 Euro eingekauft haben. „Mein Mandant räumt die Vorwürfe voll umfänglich ein“, sagt Verteidiger Jens Rabe. Der junge Mann nickt.

Als Frisör nach London

Überhaupt sitzt da ein ausgesprochen höflicher Bursche auf der Anklagebank. Wenn ihn Vorsitzende Richterin Ute Baisch etwas fragt, heißt es immer wieder: „yes Madam“ oder „no Madam“. Er berichtet, seine Mutter habe ihn im Urlaub in Schweden zur Welt gebracht. 1999 sei er mit der Mutter von Polen in die USA übergesiedelt, erst nach New York, dann nach New Jersey. Dort arbeite seine Mutter als Reinigungskraft und betreue Häftlinge im Strafvollzug. Als er das sagt, kann sich der Untersuchungshäftling ein Grinsen nicht verbeißen. Er lernt das Frisörhandwerk und geht im August 2015 nach London, wo er in einem Barbiergeschäft arbeitet. „Ich musste weg aus den USA, weil ich als Pole ständig Theater mit der Immigrationsbehörde hatte“, sagt er.

Er schweigt, wenn es um Hintermänner geht

Die Shoppingtouren in Köln, Frankfurt und Stuttgart gesteht der 24-Jährige. Er war jeweils aus London zu den kriminellen Einkaufsbummeln eingereist. Selbstverständlich ist die Richterin neugierig. Sie will wissen, wie der 24-Jährige auf die Betrugsidee gekommen ist und woher die falschen Kreditkarten stammen. Und wer war der mysteriöse Mann, der ihn von London nach Stuttgart begleitet und mit ihm in einem Hotel in Degerloch genächtigt hat? „Zur Herkunft der Karten und zu möglichen Hintermännern oder Mittätern macht mein Mandant keine Angaben“, sagt Verteidiger Rabe. Zu seinem langen Vollbart aber schon. „Nichts Religiöses, nur zum Spaß“, sagt der 24-Jährige. In den USA sei der Bart kein Problem. „Hier sorgt er für Missverständnisse“, so der Angeklagte weiter.

Wie er sich seine Zukunft vorstelle, will Richterin Baisch wissen. Er wolle in London einen amerikanischen Imbiss oder ein Steakhaus eröffnen. „Es ist in ganz London kein anständiges Cheese-Steak zu bekommen“, so der Mann. Der Prozess wird fortgesetzt.