Bosch-Chef Volkmar Denner verlangt die schnellere Verwirklichung des einheitlichen digitalen Marktes in Europa – sonst enteilen die Amerikaner.

Stuttgart - Das Internet gewinnt für Bosch immer größere Bedeutung. Die Stuttgarter wollen in den kommenden Jahren die Chancen nutzen, die sich aus den Megatrends Vernetzung, Elektrifizierung und Automatisierung vor allem in der Kraftfahrzeugausrüstung ergeben. „Kein anderes Unternehmen ist derart stark aufgestellt in allen drei Domänen, und kein anderes Unternehmen kann diese Domänen so gut verbinden wie Bosch“, sagte Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung, bei einem ersten Rückblick auf das abgelaufene Geschäftsjahr.

 

Komponenten wie Fahrerassistenzsysteme und die dazugehörenden Sensoren wie Radarsensoren haben bereits im vorigen Jahr nennenswert zum Wachstum der Kraftfahrzeugausrüstung beigetragen. Ähnliches gilt für Anzeigeinstrumente und Infotainmentsysteme. Zusätzlich zur Produktion von Komponenten kann Bosch jetzt zum Beispiel auch verstärkt Dienstleistungen anbieten. So sind bei Flottenbetreibern Autos im Einsatz, die verschlüsselt Daten an Bosch-Server übertragen, die wiederum Informationen über Wartung und Reparaturen an die Betreiber übermitteln.

Weil Denner die Vernetzung über das Internet als „riesige Chance“ nicht nur für Bosch, sondern für die gesamte deutsche Wirtschaft betrachtet, bereitet es ihm Sorge, dass Europa auf dem Weg zu einem einheitlichen digitalen Markt – aus seiner Sicht – zu langsam vorankommt. „Die Fragmentierung des europäischen Wirtschaftsraums durch unterschiedliche Regeln für Daten- und Verbraucherschutz verhindert, dass europäische Unternehmen ähnlich erfolgreich werden wie ihre Wettbewerber aus den USA oder China“, sagte Denner. Er verlangt die rasche Verabschiedung eines einheitlichen Rechtsrahmens zum Datenschutz ebenso wie den konsequenten Ausbau der Breitbandversorgung.

Weltweit steigt die Zahl der Mitarbeiter

Eher vorsichtig äußert sich das Bosch-Management zur Elektromobilität. Rolf Bulander, der künftig für die Kraftfahrzeugausrüstung zuständig sein wird, rechnet damit, dass 2020 etwa zehn Prozent aller Fahrzeuge elektrifiziert sein werden, vor allem durch die Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor (Hybrid). Solange nicht klar ist, welche Technik wann den Durchbruch schafft, setzt Bosch nicht auf die Produktion, sondern auf Forschung und Entwicklung. Offen ist insbesondere, wohin der Trend bei der Batterie geht, die nach Bulanders Worten 70 bis 80 Prozent der Wertschöpfung im Antriebsstrang auf sich vereint. Die Fertigung der aktuellen Generation von Batteriezellen überlässt die deutsche Industrie gegenwärtig den Asiaten; Bosch setzt auch hier auf die Forschung und hofft bei der nächsten Generation auf die Chance zum Einstieg in die Produktion. Die Batterie – deren Preis und Reichweite – ist nach Bulanders Überzeugung der Schlüssel dafür, dass der Elektromobilität der Durchbruch gelingt.

Denner ist zuversichtlich, dass Innovationen Bosch in diesem Jahr – so wie bereits 2014 – auf Wachstumskurs halten werden. Bosch will überproportional zulegen und dabei Gewinn und Umsatzrendite weiter verbessern. Im abgelaufenen Jahr ist der Bosch-Umsatz um 6,2 Prozent auf 48,9 Milliarden Euro gestiegen. Die Kraftfahrzeugausrüstung zeigte die größte Dynamik und legte um 8,9 Prozent zu. Der Bereich wuchs mehr als doppelt so schnell wie der gesamte Kraftfahrzeugmarkt, wozu vor allem Einspritzsysteme für Benzin und Diesel sorgten. Regionale Schwerpunkte des Wachstums waren China und Nordamerika. Den Gewinn vor Steuern und Zinsen beziffert Denner auf 6,1 Prozent vom Umsatz, also drei Milliarden Euro (2013: 2,8 Milliarden Euro). Die um Konsolidierungseffekte bereinigte Rendite hat sich damit um einen Prozentpunkt verbessert.

Die weltweite Mitarbeiterzahl von Bosch ist durch 9100 Neueinstellungen auf etwa 290 000 Männer und Frauen gestiegen. Der Schwerpunkt des Personalaufbaus lag in Mittel- und Osteuropa sowie in Asien. In Deutschland hingegen schrumpfte die Belegschaft um 1800 Mitarbeiter. Dies entspricht dem Personal in den Werken der aufgegebenen Solarsparte in Arnstadt und Prenzlau. Vergleichbar gerechnet ist die Belegschaft in Deutschland also stabil geblieben, und das ist auch das Ziel von Personal-Geschäftsführer Christoph Kübel für das laufende Jahr.