Geschwister-Scholl-Gymnasium, Waldorfschule und Flüchtlingsunterkunft – die beiden Bürgermeister Wölfle und Pätzold haben sich einiges angeschaut und zeigen lassen, als sie am Dienstag nach Sillenbuch waren.

Sillenbuch - Es war ein Spaziergang mit Spagat, der sich da am Dienstagabend um die Kemnater Straße herum abgespielt hat. Der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle und sein für Städtebau und Umwelt zuständiger Kollege Peter Pätzold waren nach Sillenbuch gekommen, um sich ein Bild vom Geschwister-Scholl-Gymnasium (GSG), von der Waldorfschule Silberwald und von der Flüchtlingsunterkunft im Unteren Hasenwedel zu machen. Den Spagat hatten dabei aber nicht die beiden Verwaltungschefs zu vollziehen, sondern ihre Gastgeber; galt es doch, die Besucher in einer Wohlfühlatmosphäre auf Missstände aufmerksam zu machen. Und zwar mit Nachdruck, für einen bleibenden Eindruck.

 

Es brauche einen langen Atem

Eindrücklich schilderte denn auch zunächst die Schulleiterin des GSG, Irmgard Brendgen, woran es dem Gymnasium mangelt: zuvorderst an Platz. „Schon 2008 wurde festgestellt, dass wir einen großen Raumbedarf haben, besonders in den Naturwissenschaften“, sagte Brendgen einleitend vor dem etwa 30-köpfigen Publikum aus Bürgermeistern, Bezirksbeiräten, Bürgern und anderweitig Beteiligten. Sie erläuterte, wie durch den festgestellten Sanierungsbedarf der Gedanke an einen Neubau auf den Tisch kam – und wie wieder runter. „Dieser lange Atem, den wir bislang hatten, ist nicht einfach“, sagte sie und unterstrich, dahinter stecke nicht der Wunsch nach mehr Luxus, sondern das Bestreben, die Schule zukunftsfähig zu machen. Wie das nach Einschätzung der Schulleitung und vieler anderer Akteure im Bezirk gehen könnte, gab Brendgen den Bürgermeistern mit auf den Weg: mit einem Neubau gegenüber der Waldorfschule Silberwald. „Ist angekommen“, sagte Wölfle auf Brendgens Bitte, ihre Argumente entsprechend zu vertreten.

Gewissermaßen einen Anfang in Sachen GSG-Interessensvertretung machte Wölfle umgehend bei der nächsten Station: „Was sagen Sie denn dazu, wenn Ihnen jetzt so ein Moloch von Staatsschule vor die Nase gesetzt wird?“, fragte er provokant den Geschäftsführer der Waldorfschule Silberwald, Julius Göring. „Wir wurden selbst wohlwollend empfangen und hätten deshalb nichts dagegen“, antwortete Göring diplomatisch.

Tatsächlich ist der Empfang der Waldorfschule noch nicht sehr lange her: Vor zehn Jahren nahm sie den Unterrichtsbetrieb auf. Wie der abläuft, erfuhren die Spaziergänger vom Vorstandsmitglied Jörg Nusser und der Lehrerin Helena Trambale. Wölfle nutzte außerdem die Gelegenheit, ein Waldorfschulen-Sitzkissen auszuprobieren – und seine, wie er sagte, Lieblingsfrage loszuwerden: „Die Schülerschaft bildet einen Querschnitt der Einwohnerschaft ab?“, wollte er wissen und bekam von Göring zur Antwort: „Hier kann jeder zur Schule gehen.“ Auch Flüchtlingskinder von der Unterkunft an der Gorch-Fock-Straße werden inzwischen an der Privatschule unterrichtet.

Dankebarkein in der Asylunterkunft

Wie es den Kindern und Erwachsenen in der jüngsten Flüchtlingsunterkunft des Bezirks geht, erfuhr die Gruppe hernach. Stefan Spatz, Leiter des Sozialamts, empfing sie bei den beiden Containerbauten an der Richard-Schmid-Straße, in denen 80 Menschen leben.

Hatte der Spaziergang beim GSG mit Missständen begonnen, fand er in der Unterkunft ein versöhnliches Ende. „Herr Jürgens, berichten Sie unabgesprochen mit mir und mit nichts als der Wahrheit“, forderte Spatz Matthias Jürgens von der Hausleitung auf. „Es läuft relativ gut“, sagte der Mann vom Deutschen Roten Kreuz und bemängelte nur wenige Dinge, beispielsweise die schlechte Belüftung in den Feuchträumen, die fehlende Wäschespinne im Außenbereich oder das immer noch ausstehende WLAN.

Jürgens Bericht zeitigte bei Werner Wölfle „keine Fragen, aber ein Dankeschön“. Und Stefan Spatz empfahl dem künftig auch für Integration zuständigen Bürgermeister einen Besuch in der Sillenbucher Unterkunft, sollte er irgendwann einmal abgespannt sein und Dankbarkeit spüren wollen.