Die Union verbessert ihr Wahlergebnis um rund zehn Punkte. Kreischef Kaufmann schlägt Grünen-Chef Özdemir deutlich. Die SPD löst die Grünen als zweitstärkste Partei ab. Im nächsten Bundestag ist die Stadt mit weniger Abgeordneten vertreten.

Stuttgart - "Gut, dass der Grünen-Hype erst einmal vorbei ist.“ Zu dieser Aussage sah sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz veranlasst, kurz nachdem die ersten Ergebnisse aus Berlin im Stuttgarter Rathaus über die Leinwand flimmerten. Es tue gut, nach den Niederlagen der vergangenen Jahre wieder einmal zu den Siegern zu gehören, freuten sich die Unionsanhänger aus Stadt und Region. Das gebe auch Auftrieb für die Europa- und die Kommunalwahl im kommenden Frühjahr. 

 

Die Union hat laut dem vorläufigen Endergebnis, das kurz nach 22 Uhr feststand, ihr Ergebnis um rund zehn Punkte auf 38,4 Prozent gesteigert und erneut beide Direktmandate geholt – und das mit deutlich besseren Ergebnissen als noch vor vier Jahren. Künftig werden wohl statt sechs nur noch vier Abgeordnete die Landeshauptstadt in Stuttgart vertreten: zwei von der CDU und je einer von Grünen und SPD. Die Linke und die FDP schicken niemanden nach Berlin.

Als großen Sieger der Wahl in Stuttgart darf sich der Kreisvorsitzende und Kandidat im Wahlkreis I, Stefan Kaufmann, feiern lassen. Rund 12 000 Stimmen trennen ihn am Ende von seinem Widersacher Cem Özdemir, der mit dem Anspruch angetreten war, Kaufmann das Direktmandat abzunehmen. Aus den 4,5 Prozent Abstand wurden fast 15 Prozent. „Es hat sich gezeigt, dass auch bei den Grünen die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, kommentierte Kaufmann das Ergebnis. Auf die Frage, ob er sich nun in seinem Amt als Kreisvorsitzender gestärkt sehe, sagte er: „Ich sah mich nicht geschwächt.“ Er räumte dennoch ein, nach der verlorenen OB-Wahl „die eine oder andere schlaflose Nacht“ gehabt zu haben.

Seine Parteifreundin Karin Maag baute ihren großen Vorsprung noch weiter aus. Sie sagte, SPD und Grünen hätte für ihre Kooperation bei der Erststimme die Quittung erhalten. Der Schuss sei nach hinten losgegangen. Özdemir sei für seinen aggressiven Wahlkampf bestraft worden, meinte Maag. Stefan Kaufmann sitze nach diesem Triumph fester denn je im Sattel.

Die SPD hat um 2,3 Prozentpunkte zugelegt. „Wir sind wieder zweitstärkste Kraft in Stuttgart“, sagte der Kreisvorsitzende Dejan Perc zufrieden. Vor allem das persönliche Ergebnis des Neulings Nicolas Schäfstoß freue ihn. 26,4 Prozent seien „mehr als respektabel“ und sogar besser als das letzte Resultat von Ute Kumpf, die viermal im Norden angetreten war. Perc geht davon aus, dass die Erststimmen-Vereinbarung nun „keine große Rolle in unseren Gremien spielen dürfte“.

Bei den Grünen ist dagegen eine Debatte zu erwarten; auch darüber, ob Özdemir noch einmal in Stuttgart antreten sollte. Stuttgarter Grüne hatten schon kurz nach der Prognose den Verantwortlichen ausgemacht: Jürgen Trittin mit seinen Steuerplänen. Aber auch die Parteifreunde im Land standen in der Kritik.

Die Abgeordnete Birgitt Bender sinnierte derweil darüber, dass es nach drei Legislaturperioden vorbei sein könnte mit dem Arbeitsplatz im Reichstag. Eigentlich sei ihr Listenplatz elf eine sichere Bank gewesen, die Landesgrünen hätten sogar mit 17 Abgeordneten gerechnet. Mit rund 14 Prozent Erststimmen könne sie noch einigermaßen zufrieden sein – immerhin habe sie ja empfohlen, den SPD-Bewerber zu wählen. Bender erinnerte daran, dass die Parteigrößen das Steuererhöhungsthema, das der Kreisvorsitzende Philipp Franke als Ursache für den „Gegenwind“ bezeichnete, vor zwei Jahren gemeinsam beschlossen hätten. Damals sei auch Winfried Kretschmann dafür gewesen, der als Ministerpräsident nun gerade diese Steuerthema als Ursache für die Niederlage ausmachte.

Für den FDP-Kreischef Armin Serwani ist das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde „die schlimmste Niederlage seit meinem Parteieintritt vor 38 Jahren“. Mehr als elf Prozentpunkte haben die Liberalen gegenüber 2009 verloren. Serwani will auch 2017 mit Judith Skudelny an den Start gehen, die ihr Mandat verloren hat. Auch Matthias Werwigk tritt wieder an – im Mai bei der Kommunalwahl, der jetzt, so Serwani, unsere ganze Aufmerksamkeit gilt“.

Die Ereignisse des Wahltags können Sie hier nachlesen. Reaktionen der Stuttgarter Bundestagskandidaten im Rathaus zeigen wir im Video.