Cacau ist der dienstälteste Profi des VfB Stuttgart und hat mit dem Verein schon manche schwierige Situation überstanden. Im StZ-Interview sagt er, worauf es im Abstiegskampf ankommt.

Stuttgart - - Weil Vedad Ibisevic gesperrt ist, hofft Cacau beim Auswärtsspiel des VfB morgen in Hoffenheim auf einen Einsatz in der Startelf. „Ich bin bereit und will der Mannschaft unbedingt helfen“, sagt der 32-Jährige.
Cacau, wie nervös werden Sie, wenn Sie sich derzeit die Tabelle anschauen?
Ich habe mir abgewöhnt, ständig auf die Tabelle zu schauen und durchzurechnen, was passieren könnte. Wir sind gut beraten, nur an das nächste Spiel zu denken. Sonst ist die Gefahr groß, dass man in so einer Situation verkrampft.
Wie schwierig ist die Situation?
Sie ist nicht einfach, keine Frage. Wir haben dieses Jahr alle vier Spiele verloren, obwohl wir uns in Südafrika gut vorbereitet hatten. So etwas hinterlässt Spuren, gerade mental. Der Kopf spielt im Abstiegskampf eine entscheidende Rolle. Wir müssen uns jetzt sammeln und uns auch darauf vorbereiten, mit weiteren Rückschlägen fertig zu werden. Die können kommen.
Klingt nicht sehr zuversichtlich.
Ich bin sicher, dass wir es schaffen werden, die Klasse zu halten. Es ist aber ganz wichtig, dass man sich der Realität stellt und sich nichts vormacht. Ich habe solche Situationen beim VfB schon öfter erlebt und weiß daher, dass es schwer wird.
Wie wichtig ist im Kampf gegen den Abstieg Erfahrung?
Sehr wichtig. Man weiß, die Dinge besser einzuschätzen, weil man alles selbst erlebt hat: dass noch nicht alles vorbei ist, wenn man ein paar Mal nacheinander verliert; dass noch nichts erreicht ist, wenn man wieder gewinnt. Erfahrung bringt Ordnung ins Spiel.
Wie problematisch ist es, dass viele junge Spieler in der Mannschaft stehen, die im Abstiegskampf keine Erfahrung besitzen?
Es liegt an uns Älteren, ihnen ins Bewusstsein zu rufen, worum es geht. Wenn sie das annehmen, werden wir da gemeinsam durchkommen. Und dann werden die jungen Spieler in Zukunft davon profitieren, das gemeistert zu haben.
Was erzählen Sie dem Nachwuchs über die Erfolgsrezepte im Abstiegskampf?
Es sind im Wesentlichen zwei Dinge. Erstens ist, wie der Name schon sagt, vor allem Kampf gefragt. Es geht jetzt nicht mehr darum, schön zu spielen. Das einzige Ziel besteht darin, Punkte zu holen, ganz egal wie. Zweitens funktioniert es nur als Mannschaft, da unten rauszukommen. Das mag abgedroschen klingen, das ist aber so. Nur wenn der eine für den anderen da ist, kann man Spiele gewinnen.
Während des Spiels gegen Augsburg wurde aber auf dem Platz gestritten. Läuten da nicht alle Alarmglocken?
Wir haben das intern besprochen und aus der Welt geschafft. So etwas darf nicht mehr vorkommen, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dies noch einmal passiert. Ich glaube, alle haben inzwischen begriffen, was auf dem Spiel steht.
Auch der Trainer hat so eine Situation noch nicht erlebt. Wie nehmen Sie ihn wahr?
Als sehr konzentriert, ruhig und sachlich. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass er verzweifelt wäre und nicht weiter wüsste. Im Gegenteil. Es liegt jetzt an uns Spielern, Siege einzufahren.
Was können Sie persönlich als dienstältester Spieler konkret einbringen?
Ich will als Vorbild vorangehen. Ob das im Zweikampf ist, ob ich im Spiel nach hinten ein paar Meter mehr mache, oder ob ich meine Mitspieler positiv aufmuntere. Es sind oft Kleinigkeiten, mit denen man auf dem Platz ein Zeichen setzen kann.
Zuletzt wirkten Sie oft eher frustriert und gereizt.
Ich war lange verletzt und habe nicht viel gespielt. Wenn man nicht auf dem Platz steht, kann man der Mannschaft eigentlich nicht helfen. Aber ich denke schon, dass ich beim Umgang mit meiner persönlichen Situation gelassener geworden bin. Ich habe das im Laufe der Jahre ja schon öfter erlebt und musste immer kämpfen. Ich versuche einfach, positiv zu bleiben.
Ist das nicht sehr schwierig? Ihre Zeit beim VfB geht im Sommer zu Ende.
Nicht mehr so schwierig wie früher. Damals war ich viel ungeduldiger. Es braucht zwischendurch vielleicht mal einen Tag, an dem man enttäuscht ist. Dann muss es aber weitergehen. In jedem Training ist schließlich die Möglichkeit da, dem Coach zu zeigen, dass man in die Mannschaft gehört.
Nun ist Vedad Ibisevic gesperrt. Wann sollten Sie spielen, wenn nicht jetzt?
Ich weiß nicht, wie der Trainer plant. Ich kann nur sagen, ich bin bereit und will der Mannschaft unbedingt helfen. Egal ob von Beginn an oder später. Mehr kann ich nicht tun. Ich werde aber sicher keinen Aufstand machen, wenn ich erst einmal wieder auf der Ersatzbank sitze.
Denken Sie hin und wieder daran, dass Sie den VfB im Sommer nach elf Jahren womöglich als Absteiger verlassen könnten?
Nein. Man kann sich die Art seines Abschieds zwar nicht aussuchen. Aber ich bin ganz sicher, dass ich den VfB durch die Vordertüre verlassen werde. Und vielleicht kehre ich ja auch mal wieder zurück.