Eine Initiative, die homosexuelle Partnerschaften der Ehe gleichstellt? Vor der Ära Merkel wäre eine Diskussion wie diese auf einem CDU-Parteitag undenkbar gewesen. Die steuerliche Gleichberechtigung mit Ehepaaren wurde trotzdem abgelehnt.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Hannover - Vor der Ära Merkel wäre eine Diskussion wie diese auf einem CDU-Parteitag undenkbar gewesen. Eine Initiative, die homosexuelle Partnerschaften der Ehe gleichstellt? Die alte Kohl-CDU war ein Bollwerk gegen solche Ansinnen. Inzwischen ist auch in der ehemals konservativen Union vieles möglich.

 

Ganz so liberal wie die „Wilden 13“ ist die komplette Partei aber noch nicht. Jene Initiative hatte sich vor Monaten schon dafür stark gemacht, Homo-Paare Eheleuten auch im Steuerrecht gleichzustellen. Sie sollten wie klassische Familien in den Genuss des Ehegattensplittings kommen. Dagegen begehrte der konservative Kreisverband Fulda auf. Er wollte per Antrag auf dem Parteitag klären lassen, dass „Ehe und Familien mit Kindern in besonderer Weise gefördert werden“ müssten.

Der Parteivorsitzenden Angela Merkel war diese Debatte eher lästig. Sie wollte die Sache pragmatisch handhaben und abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dem ein einschlägiger Fall vorliegt. Generalsekretär Hermann Gröhe drechselte für den Parteitag einen Kompromissvorschlag, der einerseits Respekt auch für Menschen bekundet, „die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen“ – andererseits aber eine steuerliche Gleichberechtigung mit Ehepaaren ablehnt. Darüber haben die Delegierten am Dienstagabend anderthalb Stunden lang diskutiert. Am Ende sprachen sich gut zwei Drittel für Gröhes Formelkompromiss aus. Die Debatte wurde als „Sternstunde des Parteitags“ bewertet.

„Emotional fast unerträglich“

Es gehe hier keineswegs um Diskriminierung, betonte Walter Arnold aus Fulda, vielmehr gelte es, ein „Abstandsgebot“ zwischen der Ehe und anderen Lebensformen zu betonen. Thomas Bareiß aus Sigmaringen, Mitglied des konservativen Berliner Kreises, warnte davor, die Ehe zu „verwässern“. Steffen Flath, Chef der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag, mahnte: „Gott hat uns Menschen als Frau und Mann geschaffen – und ich glaube, dass er sich dabei etwas gedacht hat.“ Gleichgesinnte betonten, hier würden „christliche Kultur und Werte angegriffen“. 100 000 Homo-Paaren stünden 16 Millionen Ehen gegenüber, so wurde aufgerechnet. Die CDU müsse der Mehrheit ihr Ohr schenken.

Die Befürworter einer Liberalisierung argumentierten hingegen, es gehe darum, auch bei modern gesinntem Publikum Verständnis zu finden. „Wir brauchen eine Adaption unserer Werte auf urbane Milieus“ sagte der Stuttgarter Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann. Die CDU müsse als Volkspartei „unterschiedliche Lebensentwürfe aushalten“. Jan-Marco Luczak, einer der „Wilden 13“ würdigte die „offene und unverkrampfte Debatte“, mahnte jedoch, ein Festhalten an der bestehenden Ungleichbehandlung sei „emotional fast unerträglich“. Er lebt selbst in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und hat zeitweise seinen Partner gepflegt. Solches Verhalten zeige, so Luczak, dass auch in solchen Beziehungen „Werte gelebt werden, die wir hochhalten – zutiefst konservative Werte“. Der Bundestagsabgeordnete Jens Spahn verwies auf den britischen Premier David Cameron. Dieser habe für eine Gleichstellung plädiert nicht trotz, sondern weil er ein Konservativer sei. Bei den Christdemokraten sind Konservative dieser Denkweise aber in der Minderheit.