Der Kult um Comics und Fantasy erobert Deutschlands Messehallen. Auch Stuttgart hat jetzt eine „Comic Con“. Die Veranstalter erkennen aber: Man muss nicht jedem amerikanischen Trend hinterherlaufen. Bilder des Events gibt es hier.

Stuttgart - Sie kommen als wilder Ork aus „Herr der Ringe“, als Alice im Wunderland, Lucky Luke ohne Pferd oder Star-Wars-Eltern: Mehr als 40 000 Fans der Fantasy- und Comic-Szene leben am Wochenende auf dem Stuttgarter Messegelände ihre ungewöhnlichen Hobbys aus. Wenigstens das passende Fan-Shirt ihres Helden hat hier eigentlich jeder an, viele ahmen aber ihre Idole bis ins kleinste Detail nach - ob sie nun aus einem klassischen Comic stammen, aus einem Fantasy-Buch oder einem Videogame. Die Veranstalter der ersten „Comic Con Germany“ in Stuttgart nutzen am liebsten den allumfassenden Begriff Popkultur-Messe.

 

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Hier ist vieles amerikanisch. Die Macher haben diese schräge Parallelwelt nach dem Muster der Mutter aller „Comic Cons“ in San Diego aufgezogen: Es gibt Fotoshootings mit Filmstars, Autogramm- und Gaming-Zonen, unendlich viel Merchandising. Ein Kilo klassischer Comics kostet zehn Euro, und auch ein Autogramm mehr oder weniger berühmter internationaler Film- und Fernsehstars aus diversen Serien, James-Bond-Streifen oder Kino-Hits ist nicht kostenlos.

„Absolut üblich“ sei das in Amerika, sagt Mitorganisator Matthias Neumann. Ohne diese für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Bezahlung kämen sie nicht nach Stuttgart, ist er überzeugt. Die Folge: Eine Unterschrift von Nathan Fillion aus der Kult-Krimi-Serie „Castle“ soll sage und schreibe 100 Euro kosten, eine Lindsey Morgan aus der Sci-Fi-Serie „The 100“ ist schon für 25 Euro zu bekommen. Groß ist der Andrang an ihrem Stand am Samstag dennoch nicht, auch bei Bond-Girl Caroline Munro („Der Spion, der mich liebte“) muss man nicht warten. Die Autogrammstände samt Wartezonen davor bleiben überraschend leer, wie Neumann einräumte.

40 000 Karten waren im Vorverkauf rasch weg

Dafür sind die 250 in der Szene bekannten internationalen Zeichner - etwa japanischer Manga-Comics - umlagert. Viele bewundernde Blicke ziehen auch die unzähligen sogenannten Cosplayer auf sich, die sich möglichst detailgetreu wie ihre Idole aus Star Wars, Herr der Ringe, diversen Videogames, Disney-Filmen oder Comics verkleidet haben. Der Cosplay-Bereich überrascht den Macher positiv. Ebenso wie das Interesse an den Bühnenshows mit den Stars.

Die 40 000 Karten waren im Vorverkauf rasch weg, an der Tageskasse waren aber jeweils noch mehrere tausend Tickets zu bekommen. Für das nächste Jahr soll die eine oder andere Halle zusätzlich gebucht werden.

„Ein paar Stunden vom Alltag abschalten und verrückte Dinge sehen“, sei das Ziel der „Comic Con“, sagt Neumann. Mit dem Begriff Parallelwelt könne er folglich gut leben. „Comic Cons“ schießen in den letzten Monaten in Deutschland wie Pilze aus dem Boden: Ähnliche Treffen gab es bereits in Dortmund und Hannover. Auch in Berlin und Wien werden Comicfiguren, Fantasywelten und Kinohelden beim „Comic Cons“ zum Leben erweckt.

Comics hätten es in Deutschland immer schwieriger gehabt als anderswo, erzählt Steffen Volkmer vom Comic-Verlag Panini. Nach dem Krieg sei alles, was aus den USA kam, bei den älteren Generationen in der Bundesrepublik zunächst auf Ablehnung gestoßen. „Es wurde Boden gut gemacht, gibt aber hier immer noch Aufholbedarf“, erklärte der Comic-Experte. Erfolgreich seien deutsche Künstler inzwischen vor allem bei den Graphic Novels, also Comicbüchern mit höherem Anspruch für Erwachsene. Zahlen nenne die Branche ungern. Volkmers Einschätzung: „Der Entwicklungsstand ist so gut wie nie zuvor.“