Der Rapper Cro ist am Freitagabend in der Schleyerhalle aufgetreten. Rund 8000 Fans kamen zum ersten von zwei Stuttgarter Konzerten des maskierten Musikers – ihr Gekreische war ohrenbetäubend.

Stuttgart -

 

Die bisher eindrucksvollste Weihnachtsbeleuchtung der Nikolaus-Saison 2014 war am Freitagabend in der Schleyerhalle in Stuttgart zu bewundern. 8000 leuchtende Handys verwandelten die Spielstätte in Bad Cannstatt in einen besinnlichen Ort der musikalischen Begegnung.

Angeordnet wurde die feine Illuminierung indes nicht von einem ältlichen Herrn mit Rauschebart, der von der Marke Coca-Cola erfunden wurde, sondern von einem jungen Stuttgarter mit Panda-Maske, der von der Firma Chimperator in Szene gesetzt wird. Cro, der erfolgreichste Stuttgarter Musiker seit den Fantastischen Vier, hatte zum ersten seiner beiden Heimspiele der Mello-Tour gebeten und 8000 Fans waren seinem Ruf gefolgt.

Dem hundscoolen Anlass entsprechend – Cro gastierte am Freitag bereits zum dritten Mal in der Schleyerhalle, und das im zarten Alter von 24 – trug der derzeit erfolgreichste musikalische Exportschlager der Stadt einen Bernhardiner auf dem T-Shirt. Der ironisch gebrochene Animal-Print weist Cro, bürgerlich Carlo Waibel, als Vorreiter des Hipstertums aus. Seine musikalische Kunstform, das Genre Raop als Zusammenspiel von Rap und Pop, ist deutlich weicher und hübscher in Szene gesetzt als die Hip-Hop-Ausprägung von Kollegen wie Haftbefehl, der vergangene Woche mit „Russisch Roulette“ das beste Rap-Album des Jahres vorgelegt hat.

Rapflow und musikalische Ausarbeitung korrespondieren nicht immer

Cros Auftritt in der Schleyerhalle zeigte einmal mehr, dass Waibel, der in Stuttgart die Johannes-Gutenberg-Schule besucht und anschließend eine Ausbildung zum Mediengestalter im Verlagshaus der Stuttgarter Zeitung absolviert hat, zurecht zu den talentiertesten Rappern des Landes gehört. Leider korrespondieren Rapflow und musikalische Ausarbeitung der Songs nicht immer miteinander. Dafür wirken die Lieder des zweiten Albums teils zu beliebig, teils zu sehr von der Stange, textlich wie musikalisch.

Dem geneigten, zumeist sehr jungen Publikum scheint das Wurst zu sein. Nachdem der Auftritt in der Schleyerhalle an diesem Samstag schnell ausverkauft war,schaffte es Cro recht lässig, Stuttgarts größte Halle am Tag zuvor ein zweites Mal zu füllen. Am Donnerstag wurde er zudem mit dem wichtigen Publikumspreis des Jahres, der 1live-Krone für das beste Album (Melodie) und die beste Single (Traum) ausgezeichnet.

Die Zusatzshow am Freitagabend stellte unter Beweis, dass der junge Rapstar mit seiner ebenso jungen Band deutlich an Live-Format gewonnen hat. Hübsch in Szene gesetzt über riesige Videoleinwände flimmerte Cro über die Bühne, tausendfach gefilmt von den Vertretern der Generation Youtube/Facebook/Instagram. Die Cro-Show verdient mittlerweile tatsächlich den Begriff einer Show, die Pyro-Einlagen sind größer geworden, die wahrscheinlich größte Konfetti-Kanone der Stadt sorgte beim Song „Wir waren hier 2“ für ein angenehmes Kindergeburtstagsgefühl. Beim Lied „Rockstar“ wurde ein inszenierter Kurzschluss für einen Bühnenwechsel genutzt, der folgende Song Höhenangst wurde auf einer zweiten Bühne mitten im Publikum performt. Kreisch, kreisch, 8000 Handys fokussierten auf einmal die Mitte der Schleyerhalle.

Die Fans singen mit

Beim Song „Du“ war zuvor das Social-Media-Prinzip in der Ausprägung, dass Fans partizipieren und sich ihren Stars ganz nah fühlen, in die analoge Welt überführt worden: Die beiden Anhänger Gabriela und Danny durften aus dem Publikum auf die Bühne und sangen die zarten Zeilen der Single aus dem Jahr 2012 erstaunlich gut und textsicher. Cro konstatierte, dass Danny sogar deutlich besser singen könne als er selber. Zur Belohnung gab es ein Selfie mit dem Raop-Erfinder auf der Bühne, das Publikum kreischte wie gewohnt in Boygroup-Anhimmel-Lautstärke. Der Rest des Abends war eine solide Präsentation der zahlreichen Cro-Hitsingels, begleitet von DJ Psaiko.Dino, Flo König am Schlagzeug und Tim Schwerdter an Gitarre und Keyboard.

Besonders König und Schwerdter sind an dieser Stelle hervorzuheben: Ihr musikalisches Können hatten sie schon auf der Tour zuvor unter Beweis gestellt. Mittlerweile haben beide aber auch an ihrer Bühnenpräsenz gefeilt. Heimlicher Star des Cro-Universums ist mittlerweile übrigens DJ Psaiko.Dino alias Markus Brückner. Der ehemalige Grafik-Praktikant von Chimperator hat seit Freitag eine eigene Fernsehshow bei Joiz und erntet bei seinen Ansagen mittlerweile ein fast schon ebenso lautes Kreischinferno wie Cro selbst. Gegen diese geballte Cro-Hysterie dürfte der Nikolaus auch diesem Samstagabend keine Chance haben.

Hinweis: Am Samstag gastiert Cro, der derzeit erfolgreichste musikalische Exportschlager von Stuttgart, erneut in der Schleyerhalle, das Konzert ist bereits ausverkauft.