Das ZDF hat Jan Weilers Bestseller-Kolumnen zum Serienstoff gemacht: „Das Pubertier“ baut das Vater-Tochter-Gespann der Vorlage zum TV-Familienkosmos aus.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Das Pubertier ist lila und mollig, hat bernsteinfarbene Glupschaugen, Teufelsöhrchen und einen langen Schwanz. Monster sehen anders aus als dieses putzige Wesen, das durch die Comicanimation im Trailer der neuen ZDF-Serie „Das Pubertier“ saust.

 

Carla Maybacher (Mia Kasalo) ist denn auch alles andere als ein Monster, sondern ein ganz normales dreizehnjähriges Mädchen, das in der Pubertät ist. „Ich bin nicht der Typ für Veränderungen“, stellt allerdings ihr Vater Jan (Pasquale Aleardi) über sich selbst fest. Für seine Begriffe verwandelt sich das einstmals liebreizende Töchterchen, das gern mit dem Plüsch-Einhorn kuschelt, Schokopudding mag und seinen Superdad verehrt, in „ein Wesen, das ich nicht kenne“ – er und seine Frau Sara (Chiara Schoras) nennen es „Pubertier“.

Pubertiere kriegt man morgens nicht aus dem Bett, sind übellaunig, hysterisch, so unberechen- wie unbelehrbar und denken nicht im Traum daran, das zu tun, was die Eltern ihnen sagen. Damit bricht für den Familienmensch Jan eine Konstante weg in seinem Leben, das er zwischen Kolumnenschreiberei und Haushaltschaos, zu dem auch noch Claras Bruder Nick (Levi Eisenblätter) zählt, verbringt. Gleichzeitig – auch wenn er das nie zugeben würde – fesseln ihn die Autonomiebestrebungen seiner sehr cleveren Tochter ungemein.

Die Oma reagiert mit erhöhtem Rotweinkonsum

Auf dieser Ausgangslage fußt die Serienversion von Jan Weilers Kolumnensammlung, die inzwischen zu einem dreiteiligen Konvolut angewachsen ist (soeben erschienen: „Und ewig schläft das Pubertier“, Piper Verlag). Wer hätte gedacht, dass man soviel über eine einzige Pubertierende schreiben kann! Die von Ufa Fiction verpflichteten Drehbuchautoren David Ungureit, Alexandra Maxeiner und Marc Terjung mussten trotzdem reichlich zubuttern, um Weilers manchmal ziemlich verzwungen ironisch-originellen Verschriftlichungen seiner Erlebnisse mit seiner Tochter in einen TV-Stoff zu transferieren, der sechs 45-minütige Folgen trägt. Die Autoren hätten aus seinem „kleinen Universum“ eine ganz neue Welt erschaffen, so bringt der Autor die Kluft zwischen Vorlage und Serie auf den Punkt – aber, das muss er ja sagen, er möge die Art und Weise, wie mit seinem Material umgegangen worden sei.

Was er meint: Die ZDF-Serie erweitert die Vater-Tochter-Beziehung, die Inhalt der Kolumnen ist, zu einem Familienkosmos im urbanen Milieu – und schickt dessen Personal durch all die Turbulenzen, die das Leben von Fernsehfamilien seit Menschengedenken zu bestimmen scheinen. So kommen Jans Eltern hinzu, die selbstredend nicht einfach ihr Leben genießen, sondern im Beziehungsclinch liegen: Vater Eberhard (Dietrich Hollinderbäumer) erlebt seinen fünften Frühling mit einer früheren Schulkameradin von Jan, Mutter Gisela (Gisela Schneeberger) reagiert darauf mit Sarkasmus und erhöhtem Rotwein-Konsum. Dann gibt es da noch Jans Schwester Julia (Henriette Richter-Röhl), die sich als Architektin ohne Anhang als schwarzes Schaf der Familie fühlt.

In King-Kongs Pranke

Das Vater-Tochter-Gespann ist der Nukleus dieses Kosmos, erzählt wird aus beider Perspektiven, wobei die Inkongruenz ihrer jeweiligen Weltsicht den Reiz der Geschichte ausmachen soll. Man scheint wild entschlossen, die Pubertät als Trigger für kleinere und größere Familienkatastrophen mit Humor betrachten zu wollen. Eine dieser Katastrophen, die keine ist: Mutter Chiara ist schwanger! Pepp soll das Ganze freilich auch noch haben, also visualisieren die Regisseure Uwe Janson und Oliver Schmitz in Clip-Manier die Gedankenwelt der Hauptfiguren: Vater Jan findet morgens Carlas Bett leer vor – schon sieht er sie vor seinem inneren Auge schreiend in einer King-Kong-Pranke. Gisela will mit Carla einen Mädelsabend machen – Carla fantasiert, wie die Oma ihr brave Zöpfe flechtet und dabei kichert.

Trotz dieser Gimmicks ist „Das Pubertier“ nicht mehr als eine weitere dieser Familienkomödien, die auf krampfhafte Weise lebensecht und locker sein wollen, dass es zum Davonlaufen ist. Dass man das dann aber doch nicht tut, liegt an der Mia Kasalo. Die Dreizehnjährige bringt die Pointen so trocken und glaubwürdig, kann dermaßen überzeugend vor Peinlichkeit angesichts ihrer TV-Eltern in den Boden versinken, dass es eine Freude ist, ihr beim Spielen zuzuschauen. Zu Pasquale Aleardi wiederum passt die Rolle eines chaotischen Familienvaters viel besser als die des eigenbrötlerischen französischen Kommissars, den er in der ARD in den Bretagne-Krimis nach Jean-Luc Bannalec spielt. Für den Daueroptimismus, den Chiara Schoras ihrer Sara mitgibt, entschädigt der schnippische Sarkasmus von Gisela Schneebergers gehörnter Großmutter.

„Das Pubertier“ läuft ab 7. September im ZDF um 20.15 Uhr – im Doppelpack mit der zweiten ZDF-Serien-Neuheit: Am gleichen Tag um 21 Uhr startet „Zarah“ mit Claudia Eisinger in der Hauptrolle – eine ärgerliche Kreuzung aus Frauenrechtlerin und Journalistin in den 70ern, die von ihren Schöpfern (Buch: Eva und Volker Zahn, Regie: Richard Huber) bis zum Haarscheitel in einen Sumpf aus Klischees getaucht wird.

„Das Pubertier“ wie auch „Zarah“ sind schon von 24. August an in der ZDF-Mediathek präsent. Eltern von pubertierenden Kindern können damit gleich zwei Gesichter des niedlichen Monsterwesens kennen lernen, und sich überlegen, welches ihnen besser gefällt, denn im Kino läuft derzeit noch Leander Haußmanns klamaukige Leinwand-Version, mit Jan Josef Liefers und Heike Makatsch. Das Beste aller Pubertiere ist und bleibt aber immer noch das, das bei einem zuhause im Bett liegt und nicht aufstehen will.