Die ganze Welt war schon zu Gast im Mercedes-Museum. Fast die ganze Welt. Sechs Länder fehlen mittlerweile noch, denn jetzt konnte man einen weißen Fleck auf der Landkarte tilgen:Dieser Tage kam ein junger Mann aus Benin vorbei.

Stuttgart - Man hört das nur noch selten in dieser Stadt. Man grüßt sich mit „Hallo“ oder „Guten Tag“. Abdoull-Kawihi Ibrahima Issaka (33) sagt tatsächlich „Grüß Gott“. Kein Wunder, lebt er doch einerseits in Schwäbisch Gmünd nicht weit entfernt von der Alb, der Heimat der knorrigsten Schwaben überhaupt. Andererseits kommt er aus Benin, einem Land in Westafrika und ist weit weg von zu Hause. Aber klar, wer Französisch, Englisch, Deutsch, Dandi und Yom spricht, der kriegt Schwäbisch auch hin.

 

„Grüß Gott“ also. So stellt er sich vor am Mercedes-Museum. Dort wird er mit allen Ehren begrüßt. Suchen die Museumsmacher doch die Lücken auf der Weltkarte zu schließen. Beim Auswerten der Besucherstatistik hatten sie bemerkt, dass Menschen aus 186 Nationen das Museum besucht haben. Bei den Vereinten Nationen sind 193 Länder Mitglied. Also schaute man, wer fehlt noch? Und stellte fest, es sind sieben Länder: Guyana und Suriname, Benin und Botswana, Papua-Neuguinea und Samoa. Sowie St. Kitts und Nevis. Menschen aus diesen Ländern wollte man anlocken, um mit Fug und Recht behaupten zu können: Im Mercedes-Museum war die ganze Welt zu Gast.

Die Liebe zu Büchern und die Angst vor der Rolltreppe

Unseren Bericht über die Aktion las die Frau des ehemaligen Professors von Issaka. Der rief bei seinem ehemaligen Schützling an, mittlerweile Doktorand an der Pädagogischen Hochschule. Und Issaka meldete sich beim Museum. Prompt holte Mitarbeiter Claudius Reinicke ihn mit einer C-Klasse ab, er durfte im Nachbau des allerersten Autos eine Runde drehen, es gab eine Führung und einen Gutschein für den Museumsladen. Was er sich aussuchte, sagt viel aus über ihn. Issaka wählte einen Regenschirm, damit „meine Bücher nicht nass werden“. Seine liebste Freundin in Stuttgart sei, so sagt er, die Landesbibliothek.

Thomas Mann, Schiller und Goethe hat er im Germanistikstudium gelesen an der Uni von Abomey-Calvi, einer Stadt mit zwei Millionen Einwohnern. 2010 kam er als Austauschstudent erstmals nach Gmünd. Und traute sich am Frankfurter Flughafen erst mal nicht über die Rolltreppe. „Das hatte ich zuvor nie gesehen.“ Aufgewachsen ist er als Sohn eines Bauern mit 15 Geschwistern. Die Schulzeit war kein Zuckerschlecken. Kam er zu spät, wurde er vom Lehrer ausgepeitscht: „Und ich kam ziemlich oft zu spät, weil ich meinem Vater morgens helfen musste“. Den Prügeln entkam er irgendwann, weil er seine Schultasche einfach im Klassenzimmer ließ. „Dann konnte ich sagen: Ich war schon da, aber nur kurz mal draußen.“ Clever war er also schon immer, nun baut er seit 2013 seinen Doktor. Und wichtiger noch: Er kann Spätzle schaben. „Wenn ich unterwegs bin und Leute besuche, mache ich immer Kässpätzle.“ Sagt’s und macht sich auf zur Führung. Und wie verabschiedet sich ein Schwabe ehrenhalber? Natürlich. „Ade.“