Die Firma Tepco hat den Schutz des Atomkraftwerks vernachlässigt und war mit dem Krisenmanagement überfordert.

Fukushima - Erst kappt das Erdbeben sämtliche Stromleitungen der Anlage, dann überschwemmt der Tsunami 12 von 13 Notstromgeneratoren. Da im ersten der sechs Reaktorblöcke auch die Notstrombatterie beschädigt wird, spitzt sich die Lage dort am schnellsten zu. 15 Stunden bleibt der Reaktorkern ohne Kühlung. Aus den schmelzenden Hüllen der Brennelemente entweicht Wasserstoffgas, das sich im Gebäude sammelt und schließlich explodiert.

 

In den Tagen nach dem Erdbeben zerreißen solche Explosionen auch die Gebäude der Blöcke 3 und 4. Nach heutigem Kenntnisstand bleiben dabei die Sicherheitsbehälter, die die Reaktorkerne umgeben, erhalten. Das verhindert, dass Fukushima ein zweites Tschernobyl wird. Der ukrainische Meiler hatte keine Schutzhülle, so dass ein tagelanger Brand große Mengen radioaktiver Substanzen in die Atmosphäre schleudern konnte.

Aber auch die Reaktoren von Fukushima waren technisch überholt. Seit Jahren hatte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA gewarnt, Naturkatastrophen seien in Japan die größte Bedrohung für Atomkraftwerke. Schon 2007 hatte ein Erdbeben das an der Westküste gelegene Atomkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa schwer beschädigt. Aber die Betreiberfirma Tepco rüstete ihre Kraftwerke nicht nach – auch nicht als Studien publik wurden, die hohe Tsunamis an der Ostküste Japans voraussagten.

Die Notfallpläne Tepcos waren lückenhaft

„Man hätte die Notstromgeneratoren vor Überflutungen schützen müssen“, sagt Horst-Michael Prasser von der ETH Zürich. In deutschen und schweizerischen Meilern, die an Flüssen liegen, sei dieser Schutz Standard – und auch in manchem japanischen Atomkraftwerk, etwa in Onagawa. Hier hatte die Betreiberfirma, ein Tepco-Konkurrent, einen 25 Meter hohen Schutz errichtet, so dass der Tsunami vergleichsweise glimpflich ablief.

In Fukushima fehlte nicht nur der Flutschutz, auch die Notfallpläne Tepcos waren lückenhaft. Notstromgeneratoren mussten angeliefert werden. Die Lastwagen blieben jedoch auf den vom Erdbeben zerstörten Straßen im Stau stecken. Als die Generatoren die Anlage erreichten, waren die Kabel zu kurz, um sie mit dem letzten intakten Stromanschluss im ersten Stock von Block 2 zu verbinden.

Schließlich begünstigte auch das Krisenmanagement die Eskalation, urteilt der Zwischenbericht eines von der japanischen Regierung eingesetzten Untersuchungsausschusses. So übersahen die Tepco-Vorstände und Minister die Meldung, dass wichtige Ventile in Reaktor 1 zugefallen waren. Die dringend erforderliche Kühlung wurde so unnötig lange verzögert.

Neue Informationen werden die Führung Tepcos vermutlich weiter belasten. Laut einem unabhängigen Untersuchungsgremium erwogen die Vorstände sogar, die Anlage am dritten Tag nach dem Erdbeben aufzugeben. Erst das Drohen von Premier Kan soll sie davon abgebracht haben.