Das Landgericht Heidelberg hat eine Schadenersatzklage des Energiekonzerns EnBW gegen den früheren Technikvorstand Thomas Hartkopf abgewiesen. Es ist bereits die zweite Schlappe bei der Aufarbeitung der Russland-Affäre.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Bei der juristischen Aufarbeitung ihrer Russlandgeschäfte hat die EnBW eine weitere Schlappe erlitten. Der Karlsruher Energiekonzern scheiterte jetzt auch mit der zweiten von vier Klagen gegen eigene Manager, die bei Verträgen mit dem Moskauer Lobbyisten Andrey Bykov ihre Pflichten verletzt haben sollen. Das Landgericht Heidelberg wies eine Klage gegen den einstigen Technikvorstand Thomas Hartkopf ab, von dem das Unternehmen 26 Millionen Euro Schadenersatz verlangt hatte. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin der StZ.

 

Hartkopf war als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der Kernkraft-Gesellschaft der EnBW (EnKK) verklagt worden. Es ging um seine Rolle bei einem Projekt mit der Bezeichnung „Katharina“: Zusammen mit deutschen Stromkonzernen wollte die Bykov-Unternehmensgruppe ein System zur Überwachung und Sicherung von radioaktiven Transporten namens „Easy Toll“ aufbauen. Es kam jedoch nie zustande, angeblich, weil die russische Regierung das Interesse daran verlor. Zunächst hatte die EnBW zwölf Millionen Euro für eine Durchführbarkeitsstudie bezahlt, später dann gut 14 Millionen Euro als „Anschubfinanzierung“. Das ohne jede Sicherheit ausgezahlte Geld sah sie nie wieder.

Die Beweislage war dünn

Schon bei der Verhandlung gegen Hartkopf vor der 11. Zivilkammer des Landgerichts waren Zweifel aufgekommen, ob die Klage Erfolg haben würde. Sie stützte sich offenbar maßgeblich auf einen Satz in einem Revisionsbericht von 2007, wonach der Aufsichtsratschef eingeweiht gewesen sei; damit war aber wohl dessen Nachfolger gemeint. Auch die Vorsitzende Richterin hatte eine Mitwisserschaft des Beklagten infrage gestellt: dies sei „keine ganz sichere Sache“, sagte sie schon früh.

In ihrem Urteil kam die Kammer für Handelssachen jetzt zu dem Ergebnis, die EnBW habe Pflichtverletzungen Hartkopfs „nicht darlegen und beweisen“ können. Weder vor Abschluss des Vertrags mit der Europa Suisse AG – einem Unternehmen der Bykov-Gruppe – noch danach habe er die erforderliche Kenntnis von den Vorgängen gehabt. Im Übrigen habe der Konzern nicht hinreichend dargelegt, dass ihm durch den Ex-Technikvorstand überhaupt ein Schaden entstanden sei.

Die EnBW will das Urteil zunächst prüfen

Ein EnBW-Sprecher sagte der StZ, man habe das Urteil noch nicht vorliegen und könne es daher nicht kommentieren. Erst nach Prüfung der Begründung werde entschieden, ob man in Berufung gehe. Die erste Millionenklage gegen einen Ex-Manager hatte der Energiekonzern bereits nach der Niederlage in der ersten Instanz endgültig verloren gegeben. Dabei ging es um 8,5 Millionen Euro, die ein früherer Geschäftsführer des Kernkraftwerks Obrigheim zahlen sollte; Hintergrund waren Projektverträge mit der Bykov-Gruppe zum Rückbau des Atommeilers und zur Entsorgung radioaktiver Abfälle. Das Landgericht Mosbach wies die Klage im vorigen Jahr schon deshalb ab, weil der Geschäftsführer für die fraglichen Jahre wirksam entlastet worden sei. Zudem habe ein übergeordneter Manager – der amtierende EnBW-Technikvorstand Hans-Josef Zimmer – die fraglichen Verträge gekannt und unterstützt.

Von Zimmer und dem früheren EnKK-Manager Wolfgang Heni fordert der Karlsruher Konzern jeweils etwa 90 Millionen Euro Schadenersatz. Die Zivilverfahren sind jedoch ausgesetzt, bis die Staatsanwaltschaft Mannheim die Untersuchung der Russlandgeschäfte abgeschlossen hat. Sie ermittelt gegen sieben ehemalige und aktive Manager – darunter neben Heni und Zimmer offenbar auch zwei Ex-Vorstandschefs – wegen des Verdachts auf Untreue und Steuerhinterziehung. Das Verfahren läuft seit Sommer 2012.

Mit Blick auf die Ermittlungen wollte EnBW auch das Zivilverfahren gegen Hartkopf aussetzen lassen. Dies lehnte das Landgericht laut der Sprecherin aus zwei Gründen ab: Zum einen sei Hartkopf keiner der strafrechtlich Beschuldigten, zum anderen könne nicht erwartet werden, dass das Strafverfahren – wie gefordert – innerhalb eines Jahres erledigt sei.

Auch gegen Andrey Bykov war EnBW unterlegen

Vor dem Vorgehen gegen die eigenen Manager hatte die EnBW bereits drei von vier Schiedsgerichtsverfahren gegen Bykov verloren. Während der Konzern behauptet, die umstrittenen insgesamt 130 Millionen Euro seien für kerntechnische Geschäfte geflossen, stellt der russische Lobbyist dies anders dar: Er sei für seine Bemühungen honoriert worden, für die EnBW in Russland umfangreiche Gasgeschäfte anzubahnen; diese kamen jedoch nicht zustande.