Stefan Mappus nennt das Verhalten der Kanzlei Gleiss Lutz eine „Riesensauerei“. Vor dem Untersuchungsausschuss des EnBW-Deals erzählt Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus nicht viel Neues. Aber wie er es sagt, verrät viel über den Pforzheimer.

Stuttgart - Die Frisur ist neu, ansonsten erscheint Stefan Mappus als ganz der Alte. Gut, vielleicht ist der Muskeltonus nicht mehr ganz so straff wie einst, und umflort nicht ein Anflug von Resignation das Gesicht? Aber womöglich liest man das auch nur hinein in diese Gestalt, die einst den mächtigen Ministerpräsidenten mimte, um dann nach der verlorenen Landtagswahl 2011 umso tiefer zu fallen.

 

Da steht er nun wieder, jener Mann, der mit fehlgeleiteter Kraftmeierei die CDU nach 58 Jahren aus der Regierungsverantwortung katapultierte, jener Ministerpräsident, der vom Staatsgerichtshof einen Verfassungsbruch – „eine Verfassungswidrigkeit“, korrigiert Stefan Mappus – bescheinigt bekam, jener Politiker, der im Südwesten inzwischen als leibhaftiges Gegenbild eines Landesvaters gilt, manchen schon fast als Leibhaftiger.

Mappus tritt bemerkenswert selbstbewusst auf

Doch der Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal beginnt schon einmal ganz nach dem Geschmack des früheren Ministerpräsidenten. Mappus habe ja schon einmal vor dem Gremium erscheinen müssen, stellt der Vorsitzende des Ausschusses, Klaus Herrmann, von der CDU umständlich fest, die Personalien lägen also bereits vor. Aus ihnen ergebe sich, dass Mappus jetzt 46 Jahre alt sei. Nein, sagt Mappus, 47 Jahre. Er grient. Das gefällt ihm. Es ist nur ein kleiner Sieg für ihn. Früher fielen sie größer aus, aber andere des Irrtums zu überführen, sie stolpern zu sehen, das hat ihm immer schon gefallen.

Gemessen an der Tiefe seines eigenen Sturzes tritt der Pforzheimer bemerkenswert selbstbewusst auf. Manche Sätze fallen wie der Hammer auf den Ambos. Es sind typische Mappus-Sätze. Sie sollen Klarheit suggerieren, Geradlinigkeit, Unbeugsamkeit. „Um es einmal ganz klar zu sagen“, raunzt er, „mir gibt niemand etwas vor.“ Und: „Ich schließe aus, dass Herr Doktor Notheis in meinem Auftrag, aber ohne mein Wissen gehandelt hat.“ Es geht dabei um die Frage, ob Mappus und sein Freund Dirk Notheis, der Investmentbanker, Warnungen ihrer Rechtsberater von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz missachteten, als sie den Milliardendeal ohne den Segen des Landtags einfädelten – was später vom Staatsgerichtshof als Verfassungsbruch, pardon, als verfassungswidrig, gerügt wurde. Mappus liebt noch immer den starken Auftritt. „Entschieden habe am Ende ich“, trompetet er. Die Vertreter von SPD und Grünen im Ausschuss knurrt er an: „Ich bin nicht bereit, den Kakao, durch den ich gezogen werde, auch noch auszutrinken.“

Mappus und Hauk waren noch nie Freunde

Aber andere durch den Kakao ziehen, das findet er immer noch prima. So fragt zum Beispiel der CDU-Obmann im Ausschuss, Alexander Throm, zu Beginn der Vernehmung nach den Umständen, unter denen Mappus am Tag des Deals den CDU-Fraktionschef Peter Hauk mit dem Geschäft vertraut machte. Das war am Morgen des 6. Dezembers 2010. Es blieb nicht viel Zeit, Mappus benötigte die Zustimmung der Regierungsfraktionen CDU und FDP, zuvor sollten deren Chefs informiert werden. Hauk verspätete sich jedoch, er steckte im Stau. Mappus setzte ihn telefonisch in Kenntnis. Später ließ Mappus mitteilen, der CDU-Fraktionschef sei umfassend und im Detail eingeweiht worden.

Eine steile These. Hauk blieb keinerlei Gelegenheit mehr, der Sache auf den Grund zu gehen. Mappus aber macht vor dem Untersuchungsausschuss geltend, Hauk habe den Deal rasch begriffen: „Schon nach zehn Minuten beanspruchte er für die Fraktion einen Aufsichtsratssitz.“ Hauk wiederum lässt ausrichten, diese Darstellung sei falsch. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe er dieses Ansinnen in einer Mail dargetan. Dazu muss man wissen, dass Mappus und Hauk noch nie Freunde waren, höchstens Parteifreunde.

Mappus ist sauer auf seine Rechtsberater

Mappus teilt in seiner Zeugenvernehmung kräftig aus. Immerhin ist er gekommen und sagt aus. Dirk Notheis ließ ein ärztliches Attest vorlegen. Demnach ist er krank und nicht reisefähig. Nur zu den Kungeleien mit CDU-Ausschussmitgliedern schweigt Mappus, etwa zu der Übergabe von Unterlagen durch den inzwischen abgelösten Ausschusschef Ulrich Müller (CDU) auf einem Autobahnparkplatz. Das wird überfraktionell gerügt. Mappus beruft sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Besonders sauer gibt sich Mappus auf seine Rechtsberater im EnBW-Deal, die Kanzlei Gleiss Lutz. Deren Anwalt Martin Schockenhoff hatte bei seiner ersten Vernehmung gesagt, Mappus habe den risikoreichen Weg über das Notbewilligungsrecht des Finanzministers – am Landtag vorbei – im Grundsatz bereits vorentschieden, obwohl Gleiss Lutz Vorbehalte angemeldet und ein Kompromissmodell vorgeschlagen hatte. Stefan Mappus hält dagegen: Objektiv unwahr und ehrenrührig sei dieser Vorhalt. Zudem habe ihn Gleiss Lutz niemals auf Risiken hingewiesen. Das Verhalten der Kanzlei nennt er eine „Riesensauerei“. Doch Anwalt Schockenhoff bleibt bei seiner Darstellung. Über Nacht habe das Land in Kenntnis verfassungsrechtlicher Risiken entschieden, auf den Parlamentsvorbehalt zu verzichten. In der Logik seiner Aussage heißt das: Mappus, mehr noch vielleicht der Investmentbanker Notheis, wollten den EnBW-Deal auf Teufel komm raus durchziehen.