Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Golls heutiges "Bemühen um Aufklärung stößt an enge Grenzen", zumal er über keinerlei Unterlagen mehr verfüge. "Es mag sein, dass mich Thermoselect über die Spendenabsicht informiert hat", ließ er die StZ wissen. "Als CDU-Mitglied hätte ich nichts dagegen einzuwenden gehabt." Wenige Jahre zuvor gehörte er noch als ehrenamtlicher Staatsrat der Landesregierung des damaligen Ministerpräsidenten (und CDU-Landeschefs) Erwin Teufel an. Doch wenn er vorab Bescheid gewusst haben sollte, so Goll, hätte die Geldgabe sein Handeln als Vorstandschef "nicht beeinflusst oder gar bestimmt".

 

 Auch der Empfänger kann wenig zur Erhellung beitragen. Kannte die CDU die enge zeitliche Abfolge von Spende und Beteiligung? Man habe dazu keine Unterlagen mehr, heißt es beim Landesverband, die Aufbewahrungsfrist ende nach zehn Jahren. Richtiger Ansprechpartner sei als damaliger Generalsekretär der heutige Fraktionschef Kauder. Doch der muss ebenfalls passen: "Nach mehr als fünfzehn Jahren kann ich Details einer Spende nicht mehr erinnern."

Ähnlich ergeht es dem einstigen Thermoselect-Chef Günter Kiss, der sich "bereits vor einigen Jahren aus dem aktiven Geschäftsleben zurückgezogen" hat. Da er keine Unterlagen aus der fraglichen Zeit mehr habe, sei er "beim besten Willen nicht in der Lage, ...detailliert Stellung zu nehmen". Eines wusste Kiss auf StZ-Anfrage aber noch ganz genau: Zwischen der Spende an die CDU und dem Beteiligungserwerb "bestand keinerlei sachlicher Zusammenhang". Auch etwaige Vermutungen, dass die Vertragsverhandlungen dadurch befördert werden sollten, könnten nicht zutreffen: Nach seiner Erinnerung seien diese "nie ins Stocken geraten".

Widerstand in den eigenen Reihen

Doch das Engagement des (mehrheitlich landeseigenen) Badenwerks bei Thermoselect war keinesfalls unumstritten. Bis ins Landeskabinett und die CDU-Spitze hinein gab es Vorbehalte dagegen. Man sei "gegenwärtig in schwerer See", berichtete Goll im August 1995 dem Aufsichtsrat - Monate nach der Millionenanzahlung und Monate vor dem Vertragsschluss. Als Gründe nannte er laut Protokoll unter anderem, Thermoselect operiere "mit Methoden, die nicht dem Geschäftsgebaren des Badenwerks entsprechen"; die - letztlich nie bewiesenen - "Bestechungsvorwürfe im Tessin" etwa seien in der öffentlichen Diskussion belastend.

Am 5. Dezember 1995 war es so weit. Ineinem internen Vermerk von Thermoselect ("Persönlich/Vertraulich") sind nicht nur die Eckpunkte des Deals festgehalten - etwa zur weiteren Bezahlung, zur Ertragsbewertung oder zur Meldung beim Kartellamt. In zwei Unterpunkten geht es um die "Spende an die CDU Baden-Württemberg" und deren terminliche Abwicklung: Der Überweisungsauftrag an die Schweizerische Volksbank erfolgte danach am 4.Dezember, also just einen Tag vor Vertragsschluss. Einen Tag danach wurden die 100.000 Mark bei Thermoselect abgebucht, sechs Tage später erhielt die Südwest-CDU sie gutgeschrieben.

Sollte es purer Zufall sein, dass praktisch zeitgleich die Beteiligung besiegelt und die Spende angewiesen wurde? Schwer zu glauben. Wenn die beiden Vorgänge nichts miteinander zu tun hätten, wären sie wohl kaum im gleichen Vermerk aufgeführt worden. Doch von den damals Beteiligten will keiner etwas von einem inhaltlichen Zusammenhang wissen. Die EnBW hatte stets versichert, man habe mit der Spende nichts zu tun - und will dem heute "nichts hinzufügen". Intern berichtete der Konzernchef Goll laut einem Gremienprotokoll im Jahr 2000, die Spende sei vor der Beteiligung an Thermoselect erfolgt. Wie lange vorher, blieb offen - von einem einzigen Tag steht nichts in der Niederschrift.

Schwierige Aufarbeitung

Golls heutiges "Bemühen um Aufklärung stößt an enge Grenzen", zumal er über keinerlei Unterlagen mehr verfüge. "Es mag sein, dass mich Thermoselect über die Spendenabsicht informiert hat", ließ er die StZ wissen. "Als CDU-Mitglied hätte ich nichts dagegen einzuwenden gehabt." Wenige Jahre zuvor gehörte er noch als ehrenamtlicher Staatsrat der Landesregierung des damaligen Ministerpräsidenten (und CDU-Landeschefs) Erwin Teufel an. Doch wenn er vorab Bescheid gewusst haben sollte, so Goll, hätte die Geldgabe sein Handeln als Vorstandschef "nicht beeinflusst oder gar bestimmt".

 Auch der Empfänger kann wenig zur Erhellung beitragen. Kannte die CDU die enge zeitliche Abfolge von Spende und Beteiligung? Man habe dazu keine Unterlagen mehr, heißt es beim Landesverband, die Aufbewahrungsfrist ende nach zehn Jahren. Richtiger Ansprechpartner sei als damaliger Generalsekretär der heutige Fraktionschef Kauder. Doch der muss ebenfalls passen: "Nach mehr als fünfzehn Jahren kann ich Details einer Spende nicht mehr erinnern."

Ähnlich ergeht es dem einstigen Thermoselect-Chef Günter Kiss, der sich "bereits vor einigen Jahren aus dem aktiven Geschäftsleben zurückgezogen" hat. Da er keine Unterlagen aus der fraglichen Zeit mehr habe, sei er "beim besten Willen nicht in der Lage, ...detailliert Stellung zu nehmen". Eines wusste Kiss auf StZ-Anfrage aber noch ganz genau: Zwischen der Spende an die CDU und dem Beteiligungserwerb "bestand keinerlei sachlicher Zusammenhang". Auch etwaige Vermutungen, dass die Vertragsverhandlungen dadurch befördert werden sollten, könnten nicht zutreffen: Nach seiner Erinnerung seien diese "nie ins Stocken geraten".

Widerstand in den eigenen Reihen

Doch das Engagement des (mehrheitlich landeseigenen) Badenwerks bei Thermoselect war keinesfalls unumstritten. Bis ins Landeskabinett und die CDU-Spitze hinein gab es Vorbehalte dagegen. Man sei "gegenwärtig in schwerer See", berichtete Goll im August 1995 dem Aufsichtsrat - Monate nach der Millionenanzahlung und Monate vor dem Vertragsschluss. Als Gründe nannte er laut Protokoll unter anderem, Thermoselect operiere "mit Methoden, die nicht dem Geschäftsgebaren des Badenwerks entsprechen"; die - letztlich nie bewiesenen - "Bestechungsvorwürfe im Tessin" etwa seien in der öffentlichen Diskussion belastend.

An erster Stelle erwähnte Goll damals allerdings "psychologische Gründe". Eines seiner beiden Beispiele: einige Wochen zuvor habe der Ministerpräsident - CDU-Landeschef Erwin Teufel - "in einem Telefonat geäußert, er halte von dem Thermoselect-Engagement überhaupt nichts; das Badenwerk werde hier noch viele Millionen DM verlieren". Wenige Monate später hatte Teufels CDU indes kein Problem damit, von dem skeptisch beäugten Geschäftspartner eine Großspende anzunehmen. Sollten da etwa einflussreiche widerstrebende Kräfte besänftigt werden?

Teufels Argwohn erwies sich im Rückblick übrigens als nur zu berechtigt. Beim Ausstieg aus Thermoselect beklagte die EnBW Verluste von rund 400 Millionen Euro. Was das Unternehmen davon wiedersehen wird, entscheidet sich nun auch in der Schweiz. In der ersten Instanz hat das Bezirksgericht die EnBW-Klage auf Rückzahlung der 50 Millionen Mark abgewiesen. Derzeit wird der Rechtsstreit beim Obergericht Zürich fortgeführt - eine endlose Geschichte.

Vom Müllwunder zum Problemfall

Hoffnung: Das Thermoselect-Verfahren zur Müllentsorgung – eine Kombination von Pyrolyse und Hochtemperaturvergasung – weckte in den neunziger Jahren hohe Erwartungen. In Scharen pilgerten Landes- und Kommunalpolitiker an den Lago Maggiore, um die Pilotanlage zu besichtigen. Kein Gift, kein Gestank – mit dem „Müllwunder“, architektonisch reizvoll in Rot verpackt, schien eine neue Ära in der Entsorgung anzubrechen.

Enttäuschung: Der EnBW-Vorläufer Badenwerk setzte unter Vorstandschef Gerhard Goll voll auf die neue Technik. Im Karlsruher Rheinhafen wurde eine Thermoselect-Anlage gebaut, bei der es jedoch immer neue Probleme gab; der Volksmund spottete über „Thermodefekt“. 2004 beendete Golls Nachfolger Utz Claassen das Engagement mit hohen Verlusten. Seither prozessieren die einstigen Partner.